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Birgit Nill Rechtsanwältin

Entgeltdifferenz wegen Geschlechtsdiskriminierung - Paarvergleich

Der Fall:


Die Klägerin begehrt von ihrer Arbeitgeberin hinsichtlich mehrerer Entgeltbestandteile rückwirkend die finanzielle Gleichstellung mit bestimmten männlichen Vergleichspersonen. Zur Begründung ihrer Ansprüche hat sie sich u.a. auf Angaben der beklagten Arbeitgeberin in einem Dashboard gestützt, welches im Intranet der Erteilung von Auskünften im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes dient. Das Einkommen der zum Vergleich herangezogenen Kollegen liegt über dem Medianentgelt aller in derselben Hierarchieebene angesiedelten männlichen Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, dass die zum Vergleich herangezogenen Kollegen nicht die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie die Klägerin verrichten. Zudem beruhe die unterschiedliche Entgelthöhe auf Leistungsmängeln der Klägerin. Aus diesem Grund werde die Klägerin auch unterhalb des Medianentgelts der weiblichen Vergleichsgruppe vergütet

 

Die Entscheidung:

 

Das Landesarbeitsgericht hat die auf Ausgleich der Entgeltdifferenz gerichteten Hauptanträge abgewiesen. Es hat insoweit angenommen, die Klägerin könne sich für die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung nicht auf eine einzige Vergleichsperson des anderen Geschlechts berufen. Angesichts der Größe der männlichen Vergleichsgruppe und der Medianentgelte beider vergleichbarer Geschlechtergruppen bestehe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung und damit kein Indiz iSv § 22 AGG. Die Klägerin habe aber hinsichtlich einzelner Vergütungsbestandteile einen Anspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Medianentgelt der weiblichen und dem der männlichen Vergleichsgruppe.

 

Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf die Revision der Klägerin und die beschränkte Anschlussrevision der Beklagten teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Über die Hauptanträge kann noch nicht abschließend entschieden werden. 

 

Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bedarf es bei einer Entgeltgleichheitsklage keiner überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung. Ein solches Erfordernis wäre mit den Vorgaben des primären Unionsrechts unvereinbar. Für die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt. Die Größe der männlichen Vergleichsgruppe und die Höhe der Medianentgelte beider Geschlechtsgruppen ist für das Eingreifen der Vermutungswirkung ohne Bedeutung. Die Klägerin hat - unter Verweis auf die Angaben im Dashboard - in Bezug auf eine Vergleichsperson hinreichende Tatsachen vorgetragen, die eine geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung vermuten lassen. Das Landesarbeitsgericht wird im fortgesetzten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die Beklagte diese Vermutung widerlegt hat.


BAG, Urteil vom 23. Oktober 2025 – 8 AZR 300/24 –

Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Oktober 2024 – 2 Sa 14/24


Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 23. Oktober 2025
 

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01.12.2025

Informationen

BAG
Urteil/Beschluss vom 23.10.2025
Aktenzeichen: 8 AZR 300/24

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