Per Theobaldt, M.A. FA f. SozR, FA f. ArbR u. FA f. HGR

SGB V: §§ 27, 39 Kosten für eine Bauchdeckenstraffung (Abdominalplastik)

Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Bauchdeckenstraffung (Abdominalplastik) besteht nicht, wenn eine Einschränkung der Körperfunktionen aufgrund des Hautüberschusses im Bereich der Bauchdecke nicht vorliegt.

 

Die 1978 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin reduzierte in Folge einer Strumektomie bei Schilddrüsenkarzinom sowie unterstützender Ernährungsberatung ihr Gewicht bei einer Körpergröße von 161 cm und einem Gewicht von 140 kg auf 90 kg.

Am 18.05.2015 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage eines Befundberichts des plastischen Chirurgen Dr. Z sowie dessen Kostenvoranschlag vom 03.10.2015 über einen Betrag iHv 5400 EUR und eines Attestes ihres Hausarztes Dr. R vom 07.12.2015 die Übernahme der Kosten für eine Abdominalplastik. Auf Anforderung der Beklagten reichte sie einen Selbstauskunftsbogen sowie Fotos des unbekleideten betroffenen Bereichs ein.

 

Mit Urteil vom 15.10.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Voraussetzung für einen Sachleistungsanspruch nach § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit. Unter Krankheit sei ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand verstehen, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Eine Krankheit im Rechtssinne verlange eine erhebliche Abweichung vom idealen Zustand. Geringfügige Störungen, die keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen zur Folge haben, würden nicht ausreichen. Abweichungen von einer morphologisch idealen Norm, die noch befriedigende körperliche oder psychische Funktionen zulasse, seien keine Krankheit.

 

Für die Feststellung der Regelwidrigkeit sei vom Leitbild des gesunden Menschen auszugehen, der zur Ausübung der normalen körperlichen und psychischen Funktionen in der Lage ist. Eine Abweichung von dieser Norm führe zur Regelwidrigkeit. Erforderlich sei dabei, dass der Versicherte in seiner Körperfunktion beeinträchtigt wird und diese Funktionsbeeinträchtigung durch die notwendige Krankenbehandlung erkannt, geheilt, gelindert oder ihre Verschlimmerung verhütet wird oder dass er an einer Abweichung leidet, die entstellend wirkt. Ein Anspruch auf Krankenbehandlung in Form von Eingriffen in intakte, nicht in ihrer Funktion beeinträchtigte komme als Ausnahmefall nur dann in Betracht, wenn die Abweichung entstellend wirke. Diesbezüglich sei auf das Erscheinungsbild in üblicher Alltagskleidung, nicht jedoch auf den unbekleideten Zustand abzustellen.

 

Eine behandlungsbedürftige Erkrankung in diesem Sinne liege bei der Klägerin durch die Fettschürze nicht vor. Diese führe nicht zu einer operationsbedürftigen körperlichen Fehlfunktion. Die Kammer folge den Ausführungen der Sachverständigen Dr. E, die weder eine statische muskuläre Dysbalance des Rumpfes noch andere körperliche Fehlfunktionen habe feststellen können.

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04.04.2023

Informationen

LSG Nordrhein-Westfalen
Urteil/Beschluss vom 02.07.2021
Aktenzeichen: L 10 KR 929/19

Fachlich verantwortlich

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