Birgit Nill Rechtsanwältin

Schadenersatz nach Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) - Kontrollverlust

Das Praxisproblem:
Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schadenersatz wegen einer Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung, wenn der Arbeitgeber personenbezogene Echtdaten innerhalb des Konzerns an eine andere Gesellschaft überträgt, um eine cloudbasierte Software für Personalverwaltung (hier: „Workday“) zu testen?

 

Der Fall:
Die Beklagte verarbeitete personenbezogene Daten ihrer Beschäftigten ua. zu Abrechnungszwecken mit einer Personalverwaltungs-Software. Im Jahr 2017 gab es Planungen, konzernweit Workday als einheitliches Personal-Informationsmanagementsystem einzuführen. Die Beklagte übertrug personenbezogene Daten des Klägers aus der bisher genutzten Software an die Kon-zernobergesellschaft, um damit Workday zu Testzwecken zu befüllen. Der vorläufige Testbetrieb von Workday war in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Danach sollte es der Beklagten erlaubt sein, ua. den Namen, das Eintrittsdatum, den Arbeitsort, die Firma sowie die geschäftliche Telefonnummer und E-Mail-Adresse zu übermitteln. Die Beklagte übermittelte darüber hinaus weitere Daten des Klägers wie Gehaltsinformationen, die private Wohnanschrift, das Geburtsdatum, den Familienstand, die Sozialversicherungsnummer und die Steuer-ID.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO ein immaterieller Schadenersatz wegen einer Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung iHv. 3.000,- Euro zu. Die Beklagte habe die Grenzen der Betriebsvereinbarung überschritten. 
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 22. September 2022 hatte der Senat das Revisionsverfahren ausgesetzt und den EuGH um die Beantwortung von Rechtsfragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts ersucht. Der EuGH hat diese mit Urteil vom 19. Dezember 2024 (- C-65/23 – [K GmbH]) beantwortet. 

 

Die Entscheidung:
Die Revision des Klägers hatte vor dem 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO iHv. 200,- Euro. Soweit die Beklagte andere als die nach der Betriebsvereinbarung erlaubten personenbezogenen Daten an die Konzernobergesellschaft übertragen hat, war dies nicht erforderlich iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO und verstieß damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Der immaterielle Schaden des Klägers liegt in dem durch die Überlassung der personenbezogenen Daten an die Konzernobergesellschaft verursachten Kontrollverlust. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass er sich nicht weiter darauf beruft, auch die Übertragung der von der Betriebsvereinbarung erfassten Daten sei nicht erforderlich gewesen. Der Senat hatte daher nicht zu prüfen, ob die Betriebsvereinbarung so ausgestaltet war, dass die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung erfüllt wurden.

 

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02.06.2025

Informationen

BAG
Urteil/Beschluss vom 08.05.2025
Aktenzeichen: 8 AZR 209/21

Vorinstanzen

LAG Baden-Württemberg
Urteil/Beschluss vom 25.02.2021
Aktenzeichen: 17 Sa 37/20

Quelle

Pressemitteilungen des Bundesarbeitsgerichts

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