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Insolvenzrechtlicher Rang des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Inanspruchnahme der Arbeitsleistung durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter

In der Insolvenz des Arbeitgebers ist der Anspruch des Ar-beitnehmers auf Urlaubsabgeltung vollständig als Masse-verbindlichkeit zu berichtigen, falls der vorläufige Insol-venzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter) die Arbeitsleis-tung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnis-ses noch in Anspruch genommen hat.

 


Der Kläger wurde von der Beklagten als damalige starke vorläufige Insolvenzverwalterin bis zur Beendigung des Ar-beitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Arbeit herangezogen. Mit seiner Klage hat er für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommenen Urlaubstage die Zahlung einer Abgeltung in Höhe von 3.391,30 Euro brutto als Masse-verbindlichkeit verlangt. Die Beklagte hat dies als nunmeh-rige Insolvenzverwalterin abgelehnt, weil es sich nur um eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforde-rung handle.

 


Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revisi-on des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bun-desarbeitsgerichts Erfolg. Die streitbefangene Urlaubsab-geltung ist in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu be-richtigen. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, „soweit“ der vorläufige In-solvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Entscheidet sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inan-spruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeitnehmers, hat er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masse-verbindlichkeiten zu erfüllen. Hiervon umfasst sind nicht nur Ansprüche, welche unmittelbar auf einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen, sondern auch solche, denen keine unmittelbare Wertschöpfung für die Masse gegenübersteht (vgl. bereits BAG 10. September 2020 6 AZR 94/19 (A)).

 


Der vollen Berichtigung als Masseverbindlichkeit steht nicht entgegen, dass der Neunte Senat des Bundesar-beitsgerichts bzgl. der vergleichbaren Regelung in § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO von einer nur anteiligen Zuordnung der „geldwerten Urlaubsansprüche“ ausging (vgl. BAG 21. No-vember 2006 9 AZR 97/06). Auf Anfrage des erkennen-den Senats hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsge-richts erklärt, an dieser Auffassung nicht festzuhalten (BAG 16. Februar 2021 9 AS 1/21).

 

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28.02.2022

Informationen

BAG
Urteil/Beschluss vom 25.11.2021
Aktenzeichen: – 6 AZR 94/19

Vorinstanzen

LAG Berlin-Brandenburg
Urteil/Beschluss vom 10.10.2018
Aktenzeichen: 23 Sa 505/18

Quelle

Pressemitteilungen des Bundesarbeitsgerichts

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