Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Ausschluss der Ausgleichungspflicht für Pflegeleistungen

Der Anspruch eines Erben auf Ausgleichung für den Erblasser erbrachter Pflegeleistungen kann durch letztwillige Verfügung ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluss muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern er kann sich auch aus im Testament zum Ausdruck gekommenen Umständen ergeben.

 

Die Ausgleichungspflicht nach § 2316 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten eines Pflichtteilsberechtigten auswirken, wenn der Pflichtteilsberechtigte selbst eine ausgleichungspflichtige Zuwendung i.S.v. § 2050 BGB erhalten oder ein anderer Abkömmling besondere Leistungen i.S.v. § 2057a BGB erbracht hat (BGH, NJW 1993, 1197; Staudinger/Otte, BGB, § 2316 Rn. 17; MüKo/Lange, BGB, § 2316 Rn. 4; Palandt/Weidlich, BGB, § 2316 Rn. 1). Grundsätzlich kann deshalb auch ein Abkömmling, der als Alleinerbe eingesetzt worden ist, eine Ausgleichung seiner Leistungen nach §§ 2316 Abs. 1, 2057a BGB gegenüber den Pflichtteilsansprüchen anderer Abkömmlinge geltend machen (BGH, NJW 1993, 1197; OLG Schleswig, NJW-RR 2013, 205). Aufgrund seiner Testierfreiheit kann der Erblasser die Ausgleichungspflicht jedoch durch Verfügung von Todes wegen vollständig ausschließen oder wertmäßig begrenzen, also die Leistungen des Abkömmlings auf andere Weise oder überhaupt nicht honorieren (Staudinger/Löhnig, BGB, § 2057a Rn. 5; MüKo/Ann, BGB, § 2057a Rn. 3; Palandt/Weidlich, BGB, § 2057a Rn. 1). Dies gilt uneingeschränkt auch bei der Berechnung des Ausgleichungspflichtteils. Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin im Testament als Grund für die alleinige Erbeinsetzung des Sohnes dessen Pflegeleistungen und Hilfe bei der Verwaltung eines Mehrfamilienhauses angegeben. Dies lässt den Schluss zu, dass sie den Sohn allein durch die erbrechtliche Besserstellung gegenüber den anderen Kindern für seine Leistungen belohnen wollte und eine weitere Ausgleichung nicht gewollt war.

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31.10.2021

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 24.03.2021
Aktenzeichen: IV ZR 269/20

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