Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Kein „Corona-Nottestament“

Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen ist ein Nottestament nur dann wirksam, wenn während des gesamten Errichtungsakts gleichzeitig drei Zeugen anwesend sind, § 2250 Abs. 1 BGB.

Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann nach § 2250 Abs. 1 BGB ein Nottestament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Weil eine amtliche Urkundsperson fehlt, übernehmen hier die Zeugen die Beurkundungsfunktion und treten damit gewissermaßen an die Stelle des Notars oder Bürgermeisters (BGHZ 54, 89 = NJW 1970, 1601). Alle drei Zeugen müssen deshalb während des gesamten Errichtungsvorgangs ständig anwesend sein, also bei der Erklärung des Erblassers über seinen letzten Willen, bei der Verlesung der Niederschrift sowie bei der Genehmigung und Unterzeichnung durch den Erblasser. Das Fehlen auch nur eines Zeugen bei einem dieser wesentlichen Teilakte stellt keinen bloßen Formfehler dar, sondern macht das Nottestament unheilbar nichtig (BGHZ 54, 89 = NJW 1970, 1601; OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1605; OLG Düsseldorf, FamRZ 2016, 166; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2250 Rn. 4). Hiervon kann auch aufgrund der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen nicht abgewichen werden, zumal es sich nicht um eine neue, vom Gesetzgeber seinerzeit nicht bedachte Ausnahmesituation handelt. Unter örtlicher Absperrung i.S.v. § 2250 Abs. 1 BGB wird nämlich nach einhelliger Auffassung seit jeher auch die quarantänebedingte Isolation infolge von Seuchen verstanden (Motive, Bd. V, S. 284; Staudinger/Baumann, BGB, § 2250 Rn. 17; MüKo/Sticherling, BGB, § 2250 Rn. 5; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2250 Rn. 2).

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31.10.2022

Informationen

OLG Düsseldorf
Urteil/Beschluss vom 06.01.2022
Aktenzeichen: 3 Wx 216/21

Fachlich verantwortlich

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