Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Zustimmungspflicht eines Miterben zur Wohnungsvermietung nach Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens

Ein Miterbe ist gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB auch nach Einleitung des zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betriebenen Teilungsversteigerungsverfahrens verpflichtet, einer – wie bereits zuvor erfolgten – nur tage- und wochenweisen Vermietung einer zum Nachlass gehörenden Wohnung an Personen zuzustimmen, die tatsächlich keinen längerfristigen Wohnbedarf haben und daher die Gewähr für einen freiwilligen Auszug nach einer kurzfristigen Vertragsdauer bieten. Etwas anderes gilt für eine Wohnung, die zuvor nicht vermietet worden war und bei der vor einer Vermietung eine Teilrenovierung dringend notwendig wäre.

Anmerkung für die Praxis

 

Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßnahmen mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind (§ 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB). Die Vermietung und Verpachtung von Wohnungen und Grundstücken gehört grundsätzlich zu den Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung (BGHZ 56, 47 = NJW 1971, 1265; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2038 Rn. 7).

  

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn bezüglich des Grundstücks bereits die Teilungsversteigerung beantragt ist, weil sich ein unvermietetes Grundstück nach allgemeiner Lebenserfahrung besser versteigern lässt als ein vermietetes (OLG Brandenburg, OLGR 1998, 8). Soll der Wohnraum dagegen nur zum vorübergehenden Gebrauch i.S.v. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB an Personen vermietet werden, die tatsächlich keinen längerfristigen Wohnbedarf haben und daher die Gewähr für einen freiwilligen Auszug nach einer kurzfristigen Vertragsdauer bieten, entspricht dies auch weiterhin ordnungsgemäßer Verwaltung, so dass die übrigen Miterben zur Erteilung ihrer Zustimmung verpflichtet sind (§ 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB).

  

Ist vor einer Vermietung die Teilrenovierung einer Wohnung notwendig, besteht hingegen keine Zustimmungspflicht, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht angenommen werden kann, dass die Investition zu einer Erhöhung des Verkehrswerts der Immobilie führt, zumal nicht bekannt ist, welche Pläne der künftige Eigentümer mit ihr hat.

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22.02.2023

Informationen

OLG Karlsruhe
Urteil/Beschluss vom 22.03.2022
Aktenzeichen: 14 U 82/21

Fachlich verantwortlich

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