Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR
Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht im Wege der Beschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO von dem vom Erben beauftragten Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses gem. § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB verlangen.
Anmerkung für die Praxis:
Aus dem Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben aus § 2314 Abs. 1 BGB folgt kein unmittelbar gegen den beauftragten Notar gerichteter Anspruch auf Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses (Staudinger/Herzog, BGB, § 2314 Rn. 153). Schuldner des notariellen Verzeichnisses, das mit dem privaten Verzeichnis rechtlich und inhaltlich wesensgleich ist, ist und bleibt der Erbe (BGH, NJW 2019, 234). Er allein entscheidet, ob er das vom Notar erstellte Nachlassverzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten vorlegt. Dementsprechend ist auch allein der Erbe Auftraggeber des notariellen Nachlassverzeichnisses; der Pflichtteilsberechtigte selbst ist nicht berechtigt, vom Notar die Aufnahme des Verzeichnisses zu verlangen (OLG Jena, ErbR 2019, 717; OLG Stuttgart, BWNotZ 1963, 265; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2314 Rn. 6).
Trotz fehlender Beschwerdebefugnis steht der Pflichtteilsberechtigte der Untätigkeit des Notars aber nicht schutzlos gegenüber. Verweigert oder verzögert der vom Erben beauftragte Notar die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses, ist der Erbe verpflichtet, auf die zeitnahe Erledigung hinzuwirken und erforderlichenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen (OLG Stuttgart, ErbR 2014, 500; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2017, 524; OLG Saarbrücken, ZEV 2018, 426; OLG Koblenz, ZEV 2020, 697; OLG Hamm, ErbR 2023, 471). Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits einen auf Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses lautenden Titel erwirkt, kann er die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO gegen den Erben beantragen.
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