Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Umfang der eidesstattlichen Versicherung bei notariellem Nachlassverzeichnis

Unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB ist der Erbe auch dann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn die Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist. Die eidesstattliche Versicherung ist nicht auf die Angaben, die im Verzeichnis als solche des Erben gekennzeichnet sind, beschränkt. Hält der Erbe Ergänzungen oder Berichtigungen des notariellen Verzeichnisses für erforderlich, ist die an Eides statt zu versichernde Formel nach § 261 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen.

 

Der Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn der auskunftspflichtige Erbe ein den formellen Anforderungen genügendes Nachlassverzeichnis vorgelegt hat. Die Erfüllung hängt nicht von der inhaltlichen Richtigkeit der Auskunft ab. Eine Ergänzung oder Berichtigung der erteilten Auskunft wegen angeblicher inhaltlicher Mängel kann deshalb grundsätzlich nicht verlangt werden (BGH, NJW 2020, 2187; OLG Nürnberg, NJW-RR 2005, 808; OLG Schleswig, NJW-RR 2011, 1449; OLG München, ZEV 2014, 365; Grüneberg/Weidlich, § 2314 Rn. 8). Vielmehr ist er in diesem Fall auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung nach § 260 Abs. 2 BGB verwiesen. Einen Anspruch auf Ergänzung oder Berichtigung der Auskunft hat der Pflichtteilsberechtigte nur in Ausnahmefällen (BGH, NJW 2020, 2187), nämlich wenn
eine unbestimmte Mehrheit von Gegenständen nicht aufgeführt ist,
Angaben über den fiktiven Nachlass fehlen,
sich der Erbe fremdes Wissen nicht verschafft hat,
der Notar das Nachlassverzeichnis ohne eigene Ermittlungstätigkeit aufgenommen hat.
Genügt das vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht einmal den Mindestanforderungen, weil es erhebliche Unvollständigkeiten und Unzulänglichkeiten aufweist, liegt auch keine Teilerfüllung vor, so dass der Pflichtteilsberechtigte die Vorlage eines neuen Verzeichnisses und nicht nur die Ergänzung des bisherigen Verzeichnisses verlangen kann (OLG Celle, NJW-RR 2021, 73).

Mehr aus diesem Rechtsgebiet lesen

28.02.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 01.12.2021
Aktenzeichen: IV ZR 189/20

Quelle

amtliche Leitsätze

Fachlich verantwortlich

Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Seminare im Fokus

Unten finden Sie eine Auswahl von Fortbildungen zum Rechtsgebiet Erbrecht. 

Alle Onlineseminare zu Erbrecht finden Sie hier

ARBER-Info

Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung

FAQ

Fragen und Antworten