Cornel Pottgiesser FA f. Handels- u. GesR

Das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze („UmRUG“) gilt seit 1. März 2023

Neben den bereits geregelten grenzüberschreitenden Verschmelzungen (§§ 305 ff. UmwG, bisher §§ 122a ff. UmwG) werden jetzt auch grenzüberschreitende Spaltungen (§§ 320 ff. UmwG) und Formwechsel von Kapitalgesellschaften (§§ 333 ff. UmwG) ausdrücklich geregelt und somit die analoge Anwendung Vorschriften für innerstaatliche Umwandlungen beendet. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Erleichterungen für innerstaatliche Umwandlungen von Unternehmen.

 

Die Umsetzung der EU-Richtlinie durch das Umwandlungs- und Umwandlungssteuergesetz (UmRUG) war von großer Bedeutung für grenzüberschreitende Umwandlungen mit weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen. Seit Jahren hatte eine Expertenkommission das Vorhaben vorbereitet (www.bmjv.de/DE/Ministerium/ForschungUndWissenschaft/KommissionUmwandlungsrecht/KommissionUmwandlungsrecht.html). Mit dem Referentenentwurf (https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_UmRUG.pdf?__blob=publicationFile&v=1) nahm das nationale Gesetzgebungsverfahren dann Fahrt auf.

 

Für grenzüberschreitende und für innerstaatliche Umwandlungen werden die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht, die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung wird beendet. Das Spruchverfahren steht künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung.

 

Aktiengesellschaften erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen. Das schont die Liquidität und erleichtert Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen.

 

Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger im Umwandlungsverfahren wird gestärkt und ihr Rechtsschutz effizient ausgestaltet. Der Gläubigerschutz spielt bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln eine wichtige Rolle. Dies wird an verschiedenen Stellen des Verfahrens berücksichtigt.

Gläubiger haben weiterhin die Möglichkeit, Sicherheiten zu verlangen, wenn sie Forderungen haben, die vor der Offenlegung der Umwandlung bestanden, aber noch nicht fällig waren.

 

Ein zentraler Aspekt ist der Bericht des unabhängigen Sachverständigen, auch Verschmelzungs- oder Spaltungsprüfer, der ohnehin für jede Umwandlung erstellt werden muss. Dieser Bericht dient zumindest zur Prüfung der Barabfindung und bei Verschmelzung und Spaltung auch zur Prüfung des Umtauschverhältnisses. Das Austrittsrecht gegen Barabfindung ist ein zentrales Instrument zum Schutz der Minderheitsgesellschafter.

 

§§ 313, 327 UmwG (für grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen) und § 340 UmwG (für grenzüberschreitenden Formwechsel) das Austrittsrecht gegen Barabfindung.

 

Nach diesen Regelungen muss der Anteilsinhaber, der beabsichtigt, das Barabfindungsangebot anzunehmen, diese Absicht innerhalb eines Monats nach der Versammlung der Anteilseigner dem Unternehmen mitteilen. Dies bedeutet jedoch noch keine Annahme des Angebots. Diese Mitteilung kann auch elektronisch erfolgen und erfordert selbst dann, wenn es sich um eine GmbH handelt, keine notarielle Beurkundung.

 

In einem zweiten Schritt muss das Angebot dann innerhalb weiterer zwei Monate förmlich angenommen werden. Zusätzlich besteht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen wie bei innerstaatlichen Umwandlungen ein Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses gemäß den §§ 305 Abs. 2, 15 UmwG für grenzüberschreitende Verschmelzungen und §§ 320 Abs. 2, 125 Abs. 1 S. 1, 15 UmwG für grenzüberschreitende Spaltungen.

 

Diese Regelungen bieten den Minderheitsgesellschaftern wichtige Instrumente, um ihre Rechte und Interessen zu schützen und sicherzustellen, dass sie angemessen an einer Umwandlung beteiligt werden.

Die Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie stärkt den Schutz der Arbeitnehmerrechte durch frühzeitige und umfassende Transparenz und Informationen Es sind vielfältige Berichtspflichten für Arbeitnehmer vorgesehen.

Nahezu simultan mit dem UmRUG ist ein Gesetz zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (UmRUGMitbest) zum 31. Januar 2023 in Kraft getreten.

 

Um die erworbenen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer in einer formwechselnden, sich spaltenden oder verschmelzenden Gesellschaft zu sichern, ist vorgesehen, dass eine Vereinbarung über die Mitbestimmung aller Arbeitnehmer der neu entstehenden Gesellschaft durch ein besonderes Verhandlungsgremium (bVG) verhandelt und abgeschlossen wird (Verhandlungslösung). Sollte es nicht zu einer Vereinbarung kommen, greift eine Auffanglösung, um die zukünftige Mitbestimmung sicherzustellen.

 

Eine neue Regelung, die bisher in den Vorschriften zur Societas Europaea (SE) und zur grenzüberschreitenden Verschmelzung fehlte, ist die Einführung einer sogenannten "Vier-Fünftel-Regelung" (§ 5 Nr. 1 MgFSG, MgVG) die den Anwendungsbereich der Gesetze bestimmt.

 

Gemäß dieser Regelung werden Verhandlungen über die Mitbestimmung bereits dann erforderlich, wenn die formwechselnde oder sich spaltende Gesellschaft in den sechs Monaten vor der Offenlegung des Umwandlungsplans eine durchschnittliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt hat, die mindestens 4/5 des Schwellenwerts des Mitbestimmungsrechts der formwechselnden oder sich spaltenden Gesellschaft entspricht. Zusätzlich müssen die Mitbestimmungsregelungen des Rechts, dem die neu entstehende Gesellschaft künftig unterliegen wird, nicht den gleichen Umfang an Mitbestimmung gewährleisten wie zuvor. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ist es erforderlich, dass mindestens eine der beteiligten Gesellschaften eine durchschnittliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt, die mindestens 4/5 des Schwellenwerts für die Auslösung der Mitbestimmung entspricht.

 

Diese Vier-Fünftel-Regelung verpflichtet also auch bisher mitbestimmungsfreie Gesellschaften zu Verhandlungen zum Zeitpunkt der Umwandlung. Ziel dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass Unternehmen einer zukünftigen Mitbestimmung entgehen, indem sie das grenzüberschreitende Umwandlungsvorhaben vor Erreichen der nationalen Schwellenwerte durchführen oder kurzfristige Reduzierungen der Arbeitnehmerzahl vor einer grenzüberschreitenden Umwandlung vornehmen.

 

Sofern inhaltliche Parallelen zum SE-Recht und zur grenzüberschreitenden Verschmelzung bestehen, orientieren sich die Regelungen (MgFSG) an bestehenden Gesetzen wie dem Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SEBG) und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG). Darüber hinaus werden gezielte Änderungen am MgVG vorgenommen, um die Umsetzung effektiv zu gestalten.

 

Die Einbettung in das Umwandlungsgesetz durch Schaffung eines neuen sechsten Buchs und durch die Nutzung des vertrauten "Baukastensystems" wird ausdrücklich begrüßt.

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12.07.2023

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