Thomas Ehling Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Strafzumessungsrechtlicher Wert eines Geständnisses

Für die Bedeutung eines Geständnisses ist maßgeblich, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird.

 

Bekanntlich wirkt sich ein Geständnis im Strafverfahren in erheblichem Maße strafmildernd aus. Wir wissen auch, dass der Wert des Geständnisses als noch größer eingeschätzt wird, wenn

 

  • die Beweislage zulasten des Angeklagten nicht so gut ist, dass man ihm die Tat ohne große Mühe wird nachweisen können.
  • dem Gericht durch das Geständnis ein erheblicher Aufwand bei der Beweisaufnahme erspart bleibt.
  • Zeugen, insbesondere den Geschädigten, durch das Geständnis die Aussage in der Hauptverhandlung erspart bleibt.

 

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte das Landgericht den Wert des Geständnisses im Rahmen der Strafzumessung als eingeschränkt bezeichnet und dies damit begründet, dass es neben der Aussage des Geschädigten auch noch objektive Erkenntnisse in Form nachgewiesener DNA des Angeklagten am Geschädigten gab. Der BGH führt hierzu aus:

 

„Diese Einschränkung des Gewichts des vom Angeklagten abgegebenen Geständnisses erweist sich vorliegend als rechtsfehlerhaft. Das Landgericht reduziert damit den Wert eines Geständnisses auf seine Bedeutung als Beitrag zur Sachaufklärung und Verfahrensverkürzung sowie zur Abwendung von Nachteilen für das Tatopfer durch Vermeidung einer Aussage vor Gericht. Maßgeblich für die Bedeutung eines Geständnisses ist, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird. Aus diesem Grund hätte das Landgericht an dieser Stelle für den Wert des Geständnisses in den Blick nehmen müssen, dass der Angeklagte ausweislich der Urteilsgründe in der Hauptverhandlung erklärte, ihm tue das Geschehene leid, ihm sei durch die Aussagen der Eltern des Geschädigten bewusst geworden, wie schwer er ihrem Sohn geschadet habe und er wolle sich hierfür bei den Eltern entschuldigen. Das Landgericht hat erkennbar nicht bedacht, dass in einer solchen Äußerung ein eigenständiger Beitrag zur Herstellung von Rechtsfrieden liegen kann, der einhergeht mit Reue und Schuldeinsicht und der dem Geständnis des Angeklagten eine über den vom Landgericht angenommenen Wert hinausgehende Bedeutung verleiht.“

 

Für die Verteidigung bedeutet dies, dass die einleitend genannte Bedeutung des Wertes eines Geständnisses bei schwieriger Beweislage, Verringerung des Prozessaufwandes und Entbehrlichkeit der Aussagen geschädigter Zeugen vor Gericht von der Verteidigung natürlich besonders hervorzuheben ist. Das Fehlen solcher Umstände darf das Gericht aber nicht zum Anlass nehmen, das Geständnis ohne weitere Begründung zu entwerten, da dies die vom BGH dargelegte Bedeutung des Geständnisses verkennen würde. Hierauf hat die Verteidigung in der Hauptverhandlung hinzuweisen, wenn sich ein solcher Fall abzeichnen sollte. Zugleich sollte man die Erwägung des BGH auch bei der Ausgestaltung des Geständnisses und dem Auftreten des Mandanten ebenso im Hinterkopf behalten wie das vom BGH genannte Prozessziel der „Erreichung von Rechtsfrieden“.

 

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04.05.2023

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 27.10.2022
Aktenzeichen: 2 StR 438/21

Quelle

NStZ 2023, 226

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