Dr. Mirjam Lang FAin f. VerwR

Rückstellungen für spätere Kosten der Stilllegung und Nachsorge einer Deponie im Anwendungsbereich des § 18 KAG

a) Kann nach der einem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ein Widerspruch in elektronischer Form nur durch De-Mail gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 VwVfG erhoben werden, so beseitigt dies den seitens der Behörde durch die Angabe einer allgemeinen E-Mail-Adresse oder die Einrichtung eines besonderen elektronischen Behördenpostfachs (beBPo) gesetzten Rechtsschein einer konkludenten Eröffnung des Zugangs für andere Formen der schriftformersetzenden elektronischen Kommunikation im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 3a Abs. 2 VwVfG.

 

b) Nach dem Ende des Betriebs einer Abfallverwertungs- und -beseitigungsanlage ist nicht nur der Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 4 c KAG eröffnet, wonach die (ausgabenwirksamen) Kosten der Stilllegung und der Nachsorge für stillgelegte Abfallverwertungs- und beseitigungsanlagen, soweit dafür nach Buchstabe b keine Rücklagen oder Rückstellungen gebildet wurden, bei der Gebührenbemessung berücksichtigt werden sollen. Vielmehr ist auch die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG anwendbar, wonach bei der Gebührenbemessung die Zuführung zu Rücklagen oder Rückstellungen für die vorhersehbaren späteren Kosten der Stilllegung und der Nachsorge berücksichtigt werden soll.

 

c) Die Frage der „Vorhersehbarkeit“ der Kosten der Stilllegung und der Nachsorge i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG erfordert eine Prognose darüber, welche Stilllegungs- und Nachsorgemaßnahmen auf Grund sachgerechter Planung künftig erforderlich und welchen Aufwand diese verursachen werden. Es muss konkret abzusehen sein, dass eine bestimmte Maßnahme in der Stilllegungs- oder Nachsorgephase umgesetzt werden muss, und auch die Kosten hierfür müssen schon hinreichend genau abschätzbar sein. Dem Satzungsgeber steht insoweit ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

 

d) Sind Kosten der Stilllegung und der Nachsorge bereits während der Ablagerungsphase vorhersehbar, darf die Berücksichtigung dieser Kosten in der Gebührenkalkulation nicht auf die Zeit nach der Stilllegung einer Deponie oder

eines Deponieabschnitts verschoben werden.

 

e) Erhöhen sich allerdings nachträglich die (prognostizierten) Kosten der Stilllegung und der Nachsorge, insbesondere aufgrund neuerer wissenschaftlicher oder technischer Erkenntnisse und Entwicklungen, Gesetzesänderungen oder Preissteigerungen, sind diese Mehrkosten auch nach dem Ende des Betriebs einer Abfallverwertungs- und beseitigungsanlage gebührenfähig.

 

f) Für die Gebührenfähigkeit von Kosten der Stilllegung und der Nachsorge einer Abfallverwertungs- und -beseitigungsanlage, die durch deren Benutzung bis zum 06.10.1996 verursacht wurden, kommt es nach § 49 Abs. 3 KAG nicht auf deren Vorhersehbarkeit bis zu diesem Datum an.

 

g) Sieht eine Gebührensatzung verschiedene Benutzergruppen oder Teilleistungsbereiche vor, sind Kosten, die eindeutig einem bestimmten Teilleistungsbereich zugeordnet werden können, grundsätzlich in voller Höhe diesem Teilleistungsbereich zuzuordnen; Kosten, die nicht eindeutig einem Teilleistungsbereich zugeordnet werden können, sind nach einem sachgerechten Umlageschlüssel, der grundsätzlich anhand der Kostenverursachung zu bestimmen ist, auf die jeweiligen Teilleistungsbereiche aufzuteilen.

 

h) Kosten für Zuführungen zu Rückstellungen für die späteren Kosten der Stilllegung und der Nachsorge einer bereits verfüllten Deponie sind in der Gebührenkalkulation nicht nach dem Umfang der Benutzung während der Ablagerungsphase auf die Benutzergruppen zu verteilen, sondern nach dem aktuellen Umfang der Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung im jeweiligen Kalkulationszeitraum.

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06.02.2024

Informationen

VGH Baden-Württemberg
Urteil/Beschluss vom 27.04.2023
Aktenzeichen: 2 S 1/22

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