Eine Streitverkündungsschrift zur Sicherung des Gesamtschuldnerregresses eines wegen eines Mangels in Anspruch genommenen Unternehmers, die keine konkreten Ausführungen zu dem Mangel enthält, der dem Streitverkündeten vorgeworfen wird, entspricht nicht den Anforderungen des § 73 ZPO zur Angabe des Grundes der Streitverkündung und ist nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. (amtlicher Leitsatz)
(s. dazu den Blog-Beitrag aus August 2025 zu BGH, Urteil vom 12.06.2025 – VII ZR 14/24)
Und wieder ist es passiert: die Streitverkündung erfolgte im Vorprozess, ihre Wirksamkeit (Verjährungshemmung) wird aber erst im (nachfolgenden) Regressprozess geprüft – und hat sich auch hier als unwirksam (unzureichend begründet) herausgestellt. Die Regressansprüche, deren Durchsetzbarkeit mit der ausgebrachten Streitverkündung abgesichert werden sollten, waren deshalb inzwischen verjährt (siehe dazu den Blog-Beitrag aus August 2025 – zu BGH, Urteil vom 12.06.2025 – VII ZR 14/24).
Was war hier der zugrundeliegende Sachverhalt? Hier war der Kläger als Architekt mit Planungs- und Bauüberwachungsleistungen der Leistungsphasen 2-9 gemäß § 33 HOAI (Fassung 2009) in Zusammenhang mit der Sanierung eines Schulgebäudes beauftragt worden. Bei den ausgeführten Estrich- und Trockenbauarbeiten, die der Architekt zu überwachen hatte, kam es später zu Schimmelbildung wegen fehlerhafter Bauausführung. Es wurden Mängelbeseitigungsarbeiten/ Sanierungsarbeiten in Höhe von rd. 100.000 € erforderlich, um die es im Vorprozess des Bauherrn gegen den Architekten (dortiger Beklagter, jetziger Kläger des Regressanspruchs) wegen Fehlern bei der Objektüberwachung ging. Zur Sicherung etwaiger Regressansprüche aus § 426 BGB – Gesamtschuldnerinnenausgleich - gegen die beiden baubeteiligten Firmen (Estrich und Trockenbau) wurde die hier zu prüfende Streitverkündung ausgebracht.
Und das war der Wortlaut (Aktenauszug) der Streitverkündungsschrift insoweit – urteilen Sie selbst, ob dies zur „sicheren“ Verjährungshemmung ausreicht oder nicht:
"Ein vollständiger Aktenauszug aus dem Gerichtsteil der Handakte des Unterzeichners ist beigefügt. Dieser besteht aber bisher nur aus der Klageschrift nebst Anlagen sowie den Verfügungen des Gerichtes und dem diesseitigen Fristverlängerungsantrag hinsichtlich der Klageerwiderungsfrist. Zur Begründung der Streitverkündung wird darauf hingewiesen, dass dem Beklagten von der Klägerin Bauüberwachungsfehler vorgeworfen werden. Jeder Bauüberwachungsfehler beinhaltet insoweit zwingend zuvor seitens der beteiligten Unternehmer ausgeführte Baumängel. Der Vorwurf des Bauüberwachungsfehlers beinhaltet ja gerade, dass ein Mangel nicht rechtzeitig aufgefallen ist. Damit muss der Unternehmer aber zunächst einmal einen Mangel ausgeführt haben. Insoweit haften gegebenenfalls Architekt und Unternehmer nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gegenüber der Bauherrenschaft als Gesamtschuldner, so dass die Streitverkündung erforderlich ist, um eventuelle Rückgriffansprüche des Beklagten im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches abzusichern."
Das OLG Köln hat diese Frage verneint (keine wirksame Streitverkündung, keine verjährungshemmende Wirkung), obwohl es „nur“ um das eine Mangelsymptom „Schimmelbildung“ ging. Die grundsätzlich rechtzeitige Streitverkündung konnte hier deshalb keine verjährungshemmende Wirkung entfalten, weil sie nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 73 S. 1 ZPO entsprach.
„Nach dem Wortlaut des § 73 Satz 1 ZPO muss der Grund der Streitverkündung regelmäßig schon aus der Streitverkündungsschrift selbst ergeben. Die Anlagen können lediglich zusätzlich zur Erläuterung und näheren Konkretisierung herangezogen werden. Zwar mag es im Einzelfall ausreichend sein, wenn sich der Grund der Streitverkündung nicht schon aus der Streitverkündungsschrift selbst, sondern aus beigefügten Schriftsätzen, etwa der Klageschrift und der Klageerwiderungsschrift, ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2000 - LwZR 13/99, VIZ 2000, 688 = VersR 2001, 253). Die (pauschale) Bezugnahme auf ein Anlagenkonvolut reicht allerdings nicht, wenn sich daraus nicht der Grund der Streitverkündung klar und eindeutig ergibt (vgl. Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher Kompendium BauR/Sacher, 6. Aufl. 2025, 18. Teil Rn. 30). Ausreichend, aber auch erforderlich ist eine konkrete Bezugnahme auf Anlagen, so dass der Streitverkündungsempfänger unschwer erkennen kann, weswegen ihm ein Regress angedroht wird (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt a.M., NZBau 2023, 461 Rn. 16).“
Herausgestellt hat sich dies erst jetzt – 2025 – eben weil die Wirksamkeit einer Streitverkündung nicht im „Vorprozess“, in dem die Streitverkündung erfolgt, sondern erst im (nachfolgenden) Regressprozess geprüft wird. Und das gilt, wie schon der BGH in der vorerwähnten Entscheidung vom 12.06.2025 zutreffend herausgestellt hat, unabhängig davon, ob der Streitverkündungsempfänger im Vorprozess untätig geblieben oder dem Rechtsstreit beigetreten ist (was auch hier erfolgte, beide Streitverkündungsempfänger waren im Vorprozess auf Seiten des Architekten beigetreten). Eine „rügelose Einlassung“ kann dort nicht geprüft werden, weil sie dort nicht relevant ist:
BGH, 12.06.2025 – VII ZR 14/24 Rdnr. 27: „Dies gilt unabhängig davon, ob der Streitverkündungsempfänger im Vorprozess beigetreten ist oder nicht. Auch im Fall des Beitritts gibt es für ihn weder eine Veranlassung noch eine Möglichkeit, im Vorprozess die Ordnungsgemäßheit der Streitverkündung zu "rügen". Der Streitverkündungsempfänger ist ohnehin nicht verpflichtet, sich zu der ihm gegenüber erfolgten Streitverkündung zu erklären. Er kann vielmehr davon absehen mit der Folge, dass der Rechtsstreit dann ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt wird (§ 74 Abs. 2 ZPO).“
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