Über die Höhe des Stundensatzes des Nachlasspflegers hat das Nachlassgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.
Für den Fall einer schwierigen Nachlasspflegschaft ist ein Stundensatz von 110 €, für eine mittelschwere Nachlasspflegschaft von 95 € und in Fällen einer einfachen Nachlasspflegschaft ein Stundensatz von 65 € angemessen.
Sind die Tätigkeiten des Nachlasspflegers auf wenige Aspekte beschränkt und inhaltlich so gestaltet, dass sie weit überwiegend durch das Büropersonal vorgenommen werden konnten, liegt eine einfache Nachlasspflegschaft vor.
Hinweis für die Praxis:
Bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades einer Nachlasspflegschaft sind unter anderem die Struktur des Aktiv- und Passivnachlasses, das Auftauchen schwieriger Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Erbenermittlung oder der Verwaltung des Nachlasses, größere Haftungsgefahren bei großem, differenziert angelegtem Vermögen oder die Frage zu berücksichtigen, ob der Erblasser an einem Unternehmen oder an einer Erbengemeinschaft beteiligt war. Auch die Dauer der Pflegschaft und das Ausmaß der Verantwortung können sich auf die Beurteilung des Schwierigkeitsgrades auswirken (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2015, 2051; OLG Köln, FGPrax 2021, 88). Soweit der Nachlasspfleger einzelne Tätigkeiten delegiert, etwa einen professionellen Erbenermittler einschaltet, kann dies den Schwierigkeitsgrad reduzieren (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2014, 778).
Grundsätzlich sind drei Schwierigkeitsgrade zu unterscheiden (siehe OLG Jena, NJW-RR 2013, 1229; OLG Braunschweig, ErbR 2019, 785; OLG Frankfurt, NJW-RR 2020, 1272):
• Eine mittelschwere Nachlasspflegschaft stellt den Normalfall dar und liegt vor, wenn der Nachlass aus Bargeld, Bankguthaben und beweglichem Vermögen besteht und nicht in ungewöhnlichem Maße mit Verbindlichkeiten belastet ist.
• Kriterien, die für eine schwierige Nachlasspflegschaft sprechen, sind das Auftauchen komplexer Rechtsfragen bei der Nachlassabwicklung oder bei der Erbenermittlung, Haftungsgefahren bei großen Kapitalanlagen, Gesellschaftsanteile oder Auslandsvermögen im Nachlass, ausstehende Steuererklärungen, unübersichtliche Verbindlichkeiten oder Verwaltung von Mietshäusern und Handelsgeschäften.
• Eine einfache Nachlasspflegschaft wird man nur ausnahmsweise annehmen können, etwa wenn nur ein ganz geringer Nachlass vorhanden ist, der Wirkungskreis des Nachlasspflegers deutlich eingeschränkt ist oder wenn der Nachlass vor Entfaltung einer umfangreichen Tätigkeit an die Erben herausgegeben werden kann.
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