Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR

Zulässigkeit der sog. „Dieterle-Klausel“ in einem Testament

Eine testamentarische Regelung, wonach als Nacherben die Personen bestimmt werden, die der Vorerbe zu seinen Erben einsetzt, verstößt nicht gegen § 2065 Abs. 2 BGB

Anmerkung für die Praxis:

Nach § 2065 Abs. 2 BGB kann der Erblasser die Bestimmung der Person des Bedachten sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen (sog. Drittbestimmungsverbot). Der Erblasser ist dagegen nicht gehindert, seinen letzten Willen hinsichtlich der Person des Bedachten und des Gegenstands der Zuwendung unter einer Bedingung zu treffen, deren Eintritt allein vom Willen des Bedachten oder eines Dritten abhängt (§§ 2074, 2075 BGB). Er muss jedoch die Person und den Gegenstand so bestimmt angeben, dass die Bestimmung für jede sachkundige Person objektiv möglich ist, ohne dass ihr eigenes Ermessen dabei ausschlaggebend ist (BGHZ 15, 199 = NJW 1955, 100; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2065 Rn. 8).

 

Die h.M. hält auch die sog. „Dieterle-Klausel“ (benannt nach dem Aufsatz von Dieterle, BWNotZ 1971, 14) für zulässig, mit der als Nacherben diejenigen Personen bestimmt werden, die der Vorerbe als seine eigenen Erben einsetzt (OLG München, FamRZ 2017, 1005; Staudinger/Otte, BGB, § 2065 Rn. 48; MüKo/Leipold, BGB, § 2065 Rn. 24; BeckOK/Litzenburger, BGB, § 2065 Rn. 21; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2065 Rn. 6; ebenso zur Ersatzerbenbestimmung OLG Hamm, NJW-RR 2019, 585). Nach a.A. ist eine solche Regelung wegen Verstoßes gegen das Drittbestimmungsverbot des § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam (OLG Frankfurt, DNotZ 2001, 143; BeckOGK/Hölscher, BGB, § 2151 Rn. 65 ff.; Lamberz, Rpfleger 2019, 457). Das KG hat nun entschieden, dass eine solche Klausel zwar einer unzulässigen Drittbestimmung i.S.v. § 2065 Abs. 2 BGB nahe kommt. Weil der Vorerbe aber unmittelbar nur seine eigenen Erben bestimmt, liege nur eine mittelbare Bestimmung der Nacherben durch den Vorerben vor, die nicht zu beanstanden sei.

 

Aufgrund der unsicheren Rechtslage wurde von der Verwendung der „Dieterle-Klausel“ bislang überwiegend abgeraten (so u.a. Kanzleiter, DNotZ 2001, 149; Reimann, ZEV 2019, 278; Nieder/Kössinger, Testamentsgestaltung, § 21 Rn. 41a). Im Hinblick auf die neueste Entwicklung in der Rechtsprechung ist die Klausel durchaus wieder einsetzbar, jedoch sollte man bis zu einer endgültigen Klärung der Wirksamkeitsfrage stets eine ausdrückliche Ersatznacherbeinsetzung für den Fall der Unwirksamkeit treffen.

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22.02.2023

Informationen

KG
Urteil/Beschluss vom 25.08.2022
Aktenzeichen: 1 W 262/22

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