Gesetzliche Grundlage für transnationale Umwandlungen und mehr – Neuerungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) - Teil 2 -Wesentliche Änderungen im nationalen Recht - Angebot auf Barabfindung, § 29 UmwG

Gemäß § 29 UmwG ist im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluss des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, der Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten, wenn sich durch die Verschmelzung der Charakter der Beteiligung des Anteilsinhabers wesentlich verändert.  Nach § 29 UmwG ist dies dann der Fall, wenn

•    ein Rechtsträger durch Aufnahme auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform verschmolzen wird, was dem Anteilsinhaber eine Beteiligung an einer anderen Rechtsform aufzwingen würde (sog. Mischverschmelzung); 

•    die gewährten Anteile des übernehmenden Rechtsträgers einer Verfügungsbeschränkung unterliegen und daher ihre Veräußerbarkeit eingeschränkt wird;

•    eine börsennotierte Gesellschaft auf eine nicht-börsennotierte Gesellschaft umgewandelt und deshalb die Veräußerbarkeit der gewährten Anteile faktisch eingeschränkt wird (sog. „kaltes Delisting“).


Das Angebot auf Erwerb der Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung hat nach gegenwärtiger Rechtslage gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 HS 1 UmwG der übernehmende Rechtsträger zu unterbreiten. Da das Angebot allerdings Gegenstand des von den jeweils beteiligten Rechtsträgern abgeschlossenen Verschmelzungsvertrags ist, wird das dem Anspruch zugrundeliegende Rechtsverhältnis zwischen dem jeweiligen Rechtsträger und seinen Anteilsinhabern bereits vor Vollzug der Verschmelzung begründet. § 29 Abs. 1 Satz 1 HS 1 UmwG-E stellt deshalb klar, dass das Angebot vom übertragenden Rechtsträger abgegeben wird. Mit Vollzug der Verschmelzung tritt der übernehmende Rechtsträger in umwandlungsrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung des anbietenden übertragenden Rechtsträgers ein und ist anschließend Adressat der Annahmeerklärung. Der mit Annahme des Angebots entstehende Abfindungsanspruch ist vom übernehmenden Rechtsträger zu erfüllen. Für die Verschmelzung führt diese dogmatische Korrektur zu keinen Änderungen in der Praxis. 


Für Abspaltungen erklärt der neu gefasste § 125 Abs. 1 Satz 3 UmwG-E die Vorschrift des § 133 UmwG über die gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Rechtsträger für die Verbindlichkeit nach § 29 UmwG für anwendbar. Damit können die zum Austritt gegen Barabfindung berechtigten Anteilsinhaber ungeachtet der Zuweisung der Barabfindungsverbindlichkeit ihr Recht sowohl gegen den übertragenden als auch gegen dem übernehmenden Rechtsträger durchsetzen. Sie können das Barabfindungsangebot wahlweise gegenüber dem übertragenden oder gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger annehmen und den Barabfindungsanspruch gegen die gesamtschuldnerisch verbundenen Rechtsträger geltend machen. 

[8] Zur Bewertung des Unternehmens im Rahmen der Festlegung der anzubietenden Barabfindung siehe zB OLG Düsseldorf v. 14.12.2017, I-26 W 8/15, NZG 2018, 382.

[9] Keine Mischverschmelzung in diesem Sinne ist die Verschmelzung unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft und einer KGaA, vgl. § 78 S. 4 UmwG.

[10] RegE UmRUG, Begründung zu § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG-E.

Praxistipp

Die beteiligten Rechtsträger können im Spaltungs- und Übernahmevertrag Vorsorge für den Fall treffen, dass ausscheidende Anteilsinhaber ihren Anspruch gegenüber dem übertragenden Rechtsträger geltend machen werden. Insbesondere kann ein etwaiger künftiger Anspruch des übertragenden Rechtsträgers auf Rückerwerb der Anteile gegen die Anteilsinhaber, die das Barabfindungsangebot annehmen werden, im Voraus an den übernehmenden Rechtsträger abgetreten werden. Im Gegenzug kann der übernehmende Rechtsträger den übertragenden Rechtsträger im Voraus von etwaigen Barausgleichspflichten freistellen. 
 

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01.12.2022

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Dr. Simon Weiler Notar

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