Gesetzliche Grundlage für transnationale Umwandlungen und mehr – Neuerungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) - Teil 2 - Wesentliche Änderungen im nationalen Recht - Berichtspflicht, §§ 8, 127, 192 UmwG

Entbehrlichkeit des Berichts, § 8 Abs. 3 UmwG

(3) Konzernumwandlung


§ 8 Abs. 3 Satz 3 UmwG-E enthält Tatbestände für Ausnahmen von der Berichtspflicht in Konzernkonstellationen. Unterschieden werden Fälle, in denen der Verschmelzungsbericht für den übertragenden und den übernehmenden Rechtsträger entbehrlich ist (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 UmwG-E) und Fälle, in denen der Verschmelzungsbericht ausschließlich für den jeweils beteiligten Rechtsträger entbehrlich ist (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG-E). Damit werden die Ausnahmetatbestände für grenzüberschreitende Konzernumwandlungen (näher dazu sogleich) auf nationale Verschmelzungen erstreckt. 


§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. a) UmwG-E enthält eine sowohl für den übertragenden als auch für den übernehmenden Rechtsträger geltende Ausnahme von der Berichtspflicht für die Verschmelzung einer Tochter- auf ihre Muttergesellschaft. Dieser Ausnahmetatbestand wird gegenwärtig in § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UmwG geführt. Die Berichtspflicht ist für den übernehmenden Rechtsträger auch dann entbehrlich, wenn an ihm mehrere Anteilsinhaber beteiligt sind. Eine Anteilsgewährung an den über-nehmenden Rechtsträger als Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ist in diesen Fällen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 HS. 2 UmwG ausgeschlossen, weshalb sich die Frage der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses nicht stellt.


§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. b) UmwG-E enthält eine Ausnahme von der Berichtspflicht für die Verschmelzung von Schwestergesellschaften. Ist am übertragenden sowie am übernehmenden Rechtsträger ein und derselbe Anteilsinhaber beteiligt, kann eine Verschmelzung nicht gegen dessen Willen vollzogen werden. Sind die Vertretungsorgane der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und des Anteilsinhabers nicht identisch, ist es an den beteiligten Rechtsträgern, dem Vertretungsorgan des Anteilsinhabers eine ausreichende Grundlage für dessen Entscheidung über die Zustimmung zur Verschmelzung aufzubereiten. Eine wirtschaftliche Benachteiligung aufgrund eines nicht angemessenen Umtauschverhältnisses scheidet ebenso wie der Anteilserwerb gegen Barabfindung aus. Mit dieser Änderung erübrigt sich die in der Praxis auftretende Frage, ob mit dem Zustimmungsbeschluss zum Verschmelzungsvertrag durch den alleinigen Anteilsinhaber ein konkludenter Verzicht auf die Erstattung eines Verschmelzungsberichts verbunden sein kann.


In allen Fällen, in denen der Verschmelzungsbericht für den übertragenden sowie den übernehmenden Rechtsträger entbehrlich ist (§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 UmwG-E), findet die Ausnahmevorschrift im Übrigen nur für solche an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger Anwendung, zwischen denen die Konzernkonstellation besteht. 


§ 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG-E statuiert eine Ausnahme von der Berichtspflicht für den jeweiligen beteiligten Rechtsträger, sofern an diesem nur ein einziger Anteilsinhaber beteiligt ist und nicht bereits ein Fall der Nr. 1 vorliegt. Im Gegensatz zu § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 UmwG-E ist die Entbehrlichkeit auf den jeweiligen beteiligten Rechtsträger beschränkt. Der Ausnahmetatbestand erfasst damit ins-besondere Fälle, in denen der beteiligte Rechtsträger in eine Konzernstruktur eingebunden ist, die – im Gegensatz zu den Fällen von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 UmwG-E – nicht zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger besteht. Erfasst sind ferner Konzernkonstellationen zwischen den beteiligten Rechtsträgern wie beispielsweise die Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft oder der Enkel- auf die Mutter-gesellschaft. Da die dem Ausnahmetatbestand § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. a) UmwG-E zugrundeliegenden Erwägungen auf andere Konzernkonstellationen nicht gleichermaßen zutreffen, besteht in solchen Fällen grundsätzlich ein Informationsinteresse der Anteilsinhaber des nicht im Alleinbesitz stehenden Rechtsträgers. Da allerdings in den Fällen von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG-E die Verschmelzung nicht gegen den Willen des alleinigen Anteilsinhabers des jeweiligen beteiligten Rechtsträgers durchgeführt werden kann, liegen dem Ausnahmetatbestand im Übrigen dieselben Erwägungen wie § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. b) UmwG-E zugrunde. Während die Ausnahmetatbestände von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 UmwG-E eine Konzernkonstellation zwischen beteiligten Rechtsträgern voraussetzen und damit auf die Verschmelzung durch Aufnahme beschränkt sind, können Anwendungsfälle von § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG-E auch bei einer Verschmelzung durch Neugründung auftreten.


Für Spaltungsmaßnahmen wird der Verweis in § 127 Satz 2 Hs. 1 UmwG redaktionell entsprechend der Änderungen in § 8 UmwG angepasst und lautet künftig wie folgt: „§ 8 Absatz 1 Satz 3 bis 5, Absatz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden“. § 127 Satz 2 Hs. 2 UmwG stellt darüber hinaus klar, dass das Konzernprivileg des § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. a UmwG-E bei der Aufspaltung keine Anwendung findet. Da an der Aufspaltung mehrere übernehmende Rechtsträger beteiligt sein müssen, sind Aufspaltungen unter ausschließlicher Beteiligung der Tochter- und Muttergesellschaft nicht vorstellbar.
 

[1] Näher Schmidt J. NZG 2022, 635, 640 f.

[2] So auch der RegE UmRUG, Begründung zu § 8 UmwG-E.

[3] Vgl. RegE UmRUG, Begründung zu § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwG-E.

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01.12.2022

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