Gesetzliche Grundlage für transnationale Umwandlungen und mehr – Neuerungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) - Teil 3 - Erleichterungen für Konzernspaltungen und Erweiterung der Anwendbarkeit des Spruchverfahrens, § 125 UmwG-E

Einführung

§ 125 UmwG wird durch das UmRUG neu gefasst. Die gegenwärtigen Sätze 1 und 2 werden Absatz 1 und Absatz 1 Satz 1 künftiger Fassung wird zur besseren Übersicht numerisch untergliedert. Zusätzlich wird ein neuer Satz 3 angefügt. § 125 Satz 3 UmwG gegenwärtiger Fassung wird künftig Absatz 2

 

§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwG-E

Inhaltlich ist hervorzuheben, dass § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwG-E die Abspaltung im Konzern künftig deutlich erleichtern wird. Gemäß § 125 Satz 1 UmwG gegenwärtiger Fassung findet das Konzernprivileg des § 9 Abs. 2 UmwG, nämlich die Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung bei Verschmelzung der Tochter- auf ihre Muttergesellschaft, keine Anwendung auf die Auf- und Abspaltung. Für die Aufspaltung folgt dies aus dem Umstand, dass sie mehrere übernehmende Rechtsträger voraussetzt (§ 123 Abs. 1 UmwG). Denknotwendig kann daher nur einer von ihnen Alleingesellschafter sein. Bei der Abspaltung von einer Tochtergesellschaft auf ihren einzigen Anteilsinhaber kann hingegen eine 100 % - Beteiligung bestehen. Die der Verfahrenserleichterung der § 9 Abs. 2 UmwG-E und § 12 Abs. 3 UmwG-E in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. a) UmwG-E zugrundeliegenden Erwägungen greifen für diesen Fall der Abspaltung gleichermaßen Platz. Der Ausschluss des Konzernprivilegs für die Verschmelzung der Tochter- auf ihre Muttergesellschaft soll daher künftig auf die Aufspaltung beschränkt werden.

 

§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E

  

1. Eröffnung des Spruchverfahrens für Anteilsinhaber übernehmender Rechtsträger

  

Gemäß § 125 Satz 1 UmwG gegenwärtiger Fassung sind § 14 Abs. 2 UmwG und § 15 UmwG auf die Ausgliederung weder für Anteilsinhaber des übertragenden noch für Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers anwendbar. Für die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers kommt ein Ausgleich durch bare Zuzahlung im Spruchverfahren nicht in Betracht, weil die Anteile am übernehmenden Rechtsträger nicht ihnen, sondern dem übertragenden Rechtsträger zu gewähren sind. Für Anteilsinhaber übernehmender Rechtsträger war das Spruchverfahren bislang gemäß § 14 Abs. 2 UmwG und § 15 UmwG per se nicht eröffnet. Mit der allgemeinen Öffnung des Spruchverfahrens für die Anteilsinhaber des übernehmen Rechtsträgers gemäß § 15 UmwG-E in Verbindung mit § 14 Abs. 2 UmwG-E sollte auch im Rahmen einer Ausgliederung Anteilsinhabern eines übernehmenden Rechtsträgers das Spruchverfahren eröffnet sein.

  

2. Erleichterung für Konzernausgliederungen

  

Nach dem Wortlaut von § 125 Satz 1 UmwG gegenwärtiger Fassung finden die Bestimmungen für Kapitalerhöhungen in Konzernkonstellationen, §§ 54, 68 UmwG, keine Anwendung auf die Ausgliederung. Durch das UmRUG wird die Systematik der §§ 54, 68 UmwG nun teilweise auf die Ausgliederung ausgedehnt. Der auch nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E weiter geltende Ausschluss der Anwendbarkeit von § 54 Abs. 1 Satz 1 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 1 UmwG auf die Ausgliederung ist dabei konsequent: Der Zweck des Kapitalerhöhungs- und Anteilsgewährungsverbots, die Entstehung eigener Anteile bei der übernehmenden Gesellschaft zu verhindern, verfängt nicht, wenn die Anteile der ausgliedernden Gesellschaft selbst und nicht ihrem Anteilsinhaber zu gewähren sind. Insoweit bleibt die gesetzliche Regelung unverändert.

  

Anders stellt sich die Situation bei § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG sowie § 68 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG dar. Diese Ausnahmevorschriften sollen nach dem neugefassten § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E künftig auf die Ausgliederung Anwendung finden und damit Konzernausgliederungen erleichtern, was zu begrüßen ist. Die Gesetzesbegründung spricht in diesem Zusammenhang davon, dass keine Notwendigkeit bestehe, „den beteiligten Gesellschaften die Optionen des Verzichts auf die Kapitalerhöhung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG zu verwehren“. [1] In Folge dessen soll gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 UmwG klargestellt werden, dass sich bei der Ausgliederung zur Aufnahme die Unanwendbarkeit der §§ 54, 68 UmwG auf die Fälle von § 54 Abs. 1 Satz 1 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 1 UmwG beschränkt. In der Sache ist dem zuzustimmen und die Erleichterung zu begrüßen, die Begründung vermischt jedoch systematisch zwei Dinge.

§ 54 Abs. 1 Satz 2 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 2 UmwG regeln Fälle, in denen eine Anteilsgewährpflicht besteht („erste Stufe“). Es ist in den Vorschriften lediglich klargestellt, dass die Beteiligten entscheiden können, aus welcher Quelle die zu gewährenden Anteile stammen („zweite Stufe“). Man spricht hier auch von einem „Kapitalerhöhungswahlrecht“ im Gegensatz zum „Kapitalerhöhungsverbot“ in § 54 Abs. 1 Satz 1 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 1 UmwG. Das bedeutet, man kann aus zivilrechtlicher Sicht zum Zwecke der Schaffung der zu gewährenden Anteile entweder den klassischen Weg einer (Sach-)Kapitalerhöhung gehen, und/oder man verwendet die bereits bestehenden eigenen Anteile des übernehmenden Rechtsträgers (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UmwG) oder volleingezahlte Anteile des übertragenden Rechtsträgers am übernehmenden Rechtsträgers (Mutter-Tochter-Ausgliederung; (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwG). Hier stellt § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E durch den Verweis auf § 54 Abs. 1 Satz 2 UmwG und § 68 Abs. 1 Satz 2 UmwG nunmehr klar, dass auch bei der Ausgliederung auf eine Kapitalgesellschaft die Anteilsgewährpflicht durch eigene Anteile des übernehmenden Rechtsträgers oder volleingezahlte Anteile der übertragenden Mutter an der übernehmenden Tochtergesellschaft erfüllt werden kann.

  

§ 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG (für die GmbH) und § 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG (für die Aktiengesellschaft und die KGaA) hingegen ermöglichen schon einen Verzicht auf die Anteilsgewähr, so dass sich die Folgefrage, ob die zu gewährenden Anteile aus einer Kapitalerhöhung stammen (müssen), gar nicht mehr stellt. Die Vorschriften sehen vor, dass eine Anteilsgewährung bei einer übernehmenden Kapitalgesellschaft [2] zur Disposition der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers steht, welche zu notarieller Urkunde auf die Gewährung von Anteilen verzichten können. [3] Der Verzicht muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch konkludent im Umwandlungsvertrag bzw. -plan enthalten sein, wobei aufgrund der besonderen Bedeutung der Verzichtserklärung jedoch bei verbleibenden Zweifeln davon auszugehen ist, dass die Erklärung nicht abgegeben wurde. [4] Auch ein Verzicht nur durch einzelne Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ist trotz des entgegenstehenden Gesetzeswortlautes nach hM möglich. [5] So können bspw. bei der Verschmelzung einer GmbH & Co. KG auf einen anderen Rechtsträger alle Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers auf eine Beteiligung der Komplementär-GmbH am Zielrechtsträger verzichten. [6]

  

Mit dem UmRUG wird die Verzichtsmöglichkeit nunmehr durch § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E auf die Ausgliederung erweitert. Damit erledigt sich die vorstehende beschriebene Streitfrage im Sinne der liberaleren Ansicht. Mit der punktuellen Erweiterung des Verzichts auf eine Anteilsgewährpflicht ist aber auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber – in Kenntnis der diesbezüglichen Diskussionen in der umwandlungsrechtlichen Literatur – gerade keine Grundlage für eine weitergehende Dispositivität der Anteilsgewährpflicht schaffen will.

 

[1] RegE UmRUG, Begründung zu § 125 UmwG-E.

[2] Zur Anteilsgewährung bei der Verschmelzung beteiligungsidentischer Kommanditgesellschaften Farian/Furs GmbHR 2016, 1298.

[3] Vgl. hierzu ausf. Heckschen/Gassen GWR 2010, 101; Lutter/J. Vetter § 54 Rn. 63 ff.; Weiler NZG 2008, 527. Speziell zur Verschmelzung von Schwesterkapitalgesellschaften ohne Anteilsgewährung vgl. Krumm GmbHR 2010, 24.

[4] OLG Köln v. 22.1.2020, 18 Wx 22/19, NZG 2020, 421.

[5] Siehe nur Widmann/Mayer/D. Mayer § 54 UmwG Rn. 51.2.

[6] Vgl. nur Lutter/J. Vetter § 54 Rn. 69 mwN.

 

 

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22.02.2023

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