Gesetzliche Grundlage für transnationale Umwandlungen und mehr – Neuerungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) - Teil 3 - Wesentliche Änderungen im nationalen Recht - § 61 UmwG

§ 61 UmwG

Bei der Verschmelzung unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft sind ergänzend die Sonderregeln der §§ 60–72 UmwG zu berücksichtigen. Dabei ist ua gemäß § 61 UmwG in seiner bisherigen Fassung der Verschmelzungsvertrag (oder sein Entwurf) vor (dh nicht gleichzeitig mit) der Einberufung der Hauptversammlung beim Handelsregister einzureichen. Das Gericht hat anschließend einen entsprechenden Hinweis bekanntzumachen. [1] Die Frist für die Einreichung hängt somit von der konkreten Einberufungsfrist der Gesellschafterversammlung ab. So folgt nach gegenwärtiger Rechtslage aus § 61 Satz 1 UmwG iVm § 123 Abs. 1 AktG für die AG eine gesetzliche Mindestfrist von 30 Tagen vor dem Tag der beschlussfassenden Hauptversammlung. Die Vorschrift ist auf KGaA entsprechend anwendbar (§ 78 UmwG), für VVaG regelt § 111 UmwG die Bekanntmachung.

   

Sofern eine Vollversammlung vorliegt, kann grundsätzlich auf die gesetzlichen und satzungsmäßigen Formalien und Fristen verzichtet werden. Umstritten ist, ob dies auch für Einreichung und Bekanntmachung nach § 61 UmwG (bzw. §§ 78, 111 UmwG) gilt. Früher wurde zum Teil bezweifelt, dass die Einreichung verzichtbar sei, da sie zumindest auch der Information der Gläubiger und/oder der Arbeitnehmer diene. Die mittlerweile ganz herrschende Ansicht geht jedoch zu Recht davon aus, dass die Einreichung bei einer Vollversammlung von vornherein entbehrlich ist bzw. zumindest darauf verzichtet werden kann, da § 61 UmwG ausschließlich der Information der Aktionäre dient. [2] Wer dem Gebot des sichersten Weges folgt, mag dennoch eine vorsorgliche Einreichung erwägen. Da bei einer Vollversammlung regelmäßig keine Einberufung stattfindet, kann nach bisheriger Rechtslage die Einreichung nach einhelliger Ansicht jdf. zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Beurkundung erfolgen, notfalls im Notartermin unmittelbar vor Beurkundung des Verschmelzungsvertrages. [3]

   

Da gemäß Art. 92 Abs. 1 GesRRL der Verschmelzungsvertrag spätestens einen Monat vor dem Tage der beschlussfassenden Hauptversammlung offenzulegen ist, wird § 61 UmwG nun im Zuge des UmRUG angepasst. Gemäß dem neu gefassten § 61 Satz 1 UmwG ist der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf vor der Einberufung der Hauptversammlung, die gemäß § 13 Abs. 1 UmwG über die Zustimmung beschließen soll, mindestens aber einen Monat vor dem Tag dieser Hauptversammlung zum Register einzureichen. Über die Verweisung in § 125 UmwG-E gilt die Änderung auch für Spaltungen. Die Änderung betrifft alle Verschmelzungen und Spaltungen unter Beteiligung von AG/KGaA/SE, auch die, in denen die entsprechenden Beschlüsse in Vollversammlungen gefasst werden.

 

Die für die Praxis äußerst relevante Frage ist nun, ob sich durch die konkrete Aufnahme einer von einer Einberufung unabhängigen Frist etwas an der Einschätzung ändert, dass die Einreichung bei einer Vollversammlung verzichtbar ist. Sofern man davon ausgeht, dass § 61 UmwG ausschließlich dem Schutz der Aktionäre dient, bleibt die Vorschrift auch in ihrer neuen Fassung verzichtbar. [4] Ein solcher Verzicht auf § 61 UmwG ist im Zweifel auch in dem in einer Vollversammlung abgegebenen Verzicht auf die Formen und Fristen der Einberufung zu erblicken.

 

Bemerkenswert ist noch, dass durch die Änderung in § 61 UmwG EU-konform eine Monatsfrist eingebaut wird, die je nach den Launen der Zeitläufte also 28, 29, 30 oder 31 Tage dauert. Aktiengesellschaften, die haarscharf am letzten Tag der Frist die Einladung im Bundesanzeiger veröffentlichen wollen, müssen somit genau rechnen. [5]

[1] Bei der Einberufung der Hauptversammlung einer Publikumsgesellschaft wird der Verschmelzungs- oder Spaltungsvertrag bzw. -plan ohnehin bereits mit der Einberufung veröffentlicht (§§ 121, 124a Satz 1 Nr. 3 AktG, § 63 UmwG.

[2] Vgl. Habersack/Wicke/Habersack § 61 Rn. 4, 12 f.; Kölner Komm UmwG/Simon § 61 Rn. 16 ff.; Lutter/Grunewald § 61 Rn. 7; Semler/Stengel/Leonard/Diekmann § 61 Rn. 5, 17; Widmann/Mayer/Rieger § 61 UmwG Rn. 10.1.

[3] So zu Recht Widmann/Mayer/Rieger § 61 UmwG Rn. 7.1 mwN.

[4] Widmann/Mayer/Vossius in Widmann Mayer aktuell, April 2022, Abschnitt A.I.1.b).

[5] Widmann/Mayer/Vossius in Widmann Mayer aktuell, April 2022, Abschnitt A.I.1.b).

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22.02.2023

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