Klagt die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Unterlassung unzulässiger Nutzungen, so kommt es auf die nach früherem Recht (§ 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG a. F.) erforderliche Vergemeinschaftung der diesbezüglichen Ansprüche nicht an. Denn die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft ergibt sich nunmehr kraft Gesetzes, da sie nach § 9a Abs. 2 WEG die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Ansprüche ausübt. Zudem ist der vormals in § 15 Abs. 3 WEG a. F. geregelte Anspruch nunmehr nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG alleine der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugewiesen. Beide Regelungen gelten grundsätzlich auch für bereits laufende Prozesse, da es an einer Übergangsvorschrift fehlt, wonach die §§ 9a Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf Altfälle keine Anwendung finden sollen. Aus § 48 Abs. 5 WEG, wonach „die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden“ sind, folgt nichts Gegenteiliges. Denn weder § 9a Abs. 2 WEG noch § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG sind im dritten Teil des WEG angesiedelt.
Die Wohnnutzung von Teileigentum ist hier aber zulässig, da sie bei typisierender Betrachtung nicht stärker als die zulässige Nutzung stört. Teileigentum darf aber ohne einschränkende Zweckbestimmung zu jedem (auch öffentlich-rechtlich) zulässigen Zweck genutzt werden. Eine solche Einschränkung liegt hier nicht vor, da die Bezeichnung als „Lagerraum“ nur auf die zur Zeit der Aufteilung ausgeübte Nutzung Bezug nehmen und verdeutlichen soll, welche Räume zu welcher Einheit gehören (vgl. BGH, Urteil vom 8.3.2019-V ZR 330/17; ZMR 2019, 425=ZWE 2019, 268=GE 2019, 605). Folglich müsste die Wohnnutzung störender sein als alle denkbaren Nutzungen, die im Teileigentum zulässig wären. Die Nutzung etwa als Gaststätte oder Beherbergungsbetrieb würde stärkere Geruchs- und Lärmimmissionen verursachen als eine Wohnnutzung, die somit bei typisierender Betrachtung nicht als störender angesehen werden kann.
Die überzeugende Argumentation mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes erscheint nicht recht mit der soeben wiedergegebenen Entscheidung vereinbar, wonach aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift nicht zu folgern sei, dass auch in Altprozessen ohne weiteres neues Recht anzuwenden ist. Dies um so weniger, als dort darauf verwiesen wurde, dass nach der Begründung zu § 48 Abs. 5 WEG die Änderungen des Verfahrensrechtes bereits anhängige Verfahren unberührt lassen sollen und auch § 9a Abs. 2 WEG verfahrensrechtliche Bedeutung zukomme. Ebenso wenig überzeugt die Auslegung der Gemeinschaftsordnung. Dass die Bezeichnung einer Einheit als „Lagerraum“ auf die Nutzung zur Zeit der Aufteilung Bezug nimmt, schließt nicht aus, dass diese Nutzung für die Zukunft fortgeschrieben werden sollte. Schließlich vollzieht der BGH bei der Wohnnutzung von Teileigentum eine Kehrtwende. Noch 2011 formulierte er: „Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Nutzung eines in der Teilungserklärung als Teileigentum und Hobbyraum ausgewiesenen Raums zu (nicht nur vorübergehenden) Wohnzwecken unzulässig ist.“ (BGH v. 116.6.2021-V ZA 1/11; ZMR 2011, 967). Die nunmehr gegebene Begründung dürfte umgekehrt dazu führen, dass die Nutzung von Teileigentum zu Wohnzwecken im Regelfall zulässig wird.
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