Dr. Mirjam Lang FAin f. VerwR

Windenergie, besondere Bedeutung erneuerbarer Energien, Erhaltungsziele Artenschutz, Schutzmaßnahmen

1. Bei der Prüfung des § 34 Abs. 2 BNatSchG sind nur die in das Vorhaben aufgenommenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet von vorneherein verhindert oder verringert werden sollen, nicht hingegen solche, die lediglich dem Ausgleich schädlicher Auswirkungen dienen.


2. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensbedingungen für eine erhaltungszielgegenständliche Art im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG setzt nicht notwendigerweise voraus, dass diese gerade in dem Bereich des Schutzgebiets vorkommt, in dem das Vorhaben realisiert werden soll. Ausreichend ist grundsätzlich bereits die Beeinträchtigung eines potenziellen Habitats; anders kann es jedoch liegen, wenn eine Verlagerung oder Rückkehr der Art in den betroffenen Bereich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles nur noch eine rein theoretische Möglichkeit darstellt.


3. Ist der zu erwartende Habitatverlust infolge betriebsbedingter Einwirkungen der Anlage nach dem gegenwärtigen fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht zweifelsfrei geklärt, so ist es Sache des Vorhabenträgers, eine schlüssige naturschutzfachliche Begründung für das Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen zu erbringen. Ein geeigneter Ausgangspunkt für die Ermittlung des Habitatflächenverlustes kann hierbei die durch den Rotor überstrichene Fläche sein.


4. Aufgrund der in § 2 EEG gesetzlich festgestellten besonderen Bedeutung der erneuerbaren Energien ist bei der Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG regelmäßig von einer Notwendigkeit des WEA-Vorhabens aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 34 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BNatSchG auszugehen; anderes kann im Falle des Vorliegens atypischer Einzelfallumstände gelten.


5. Eine zumutbare Alternative, den mit einer WEA verfolgten Zweck an anderer Stelle zu errichten (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG), besteht angesichts der besonderen Sachgesetzlichkeiten des mit dem EEG angestrebten flächenhaften Ausbaus erneuerbarer Energien jedenfalls dann nicht, wenn das Vorhaben nur zu verhältnismäßig geringen Beeinträchtigungen des Schutzgebiets führt.


6. Bei Erfüllung der in § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG normierten Voraussetzungen hat der Vorhabenträger Anspruch auf eine stattgebende Entscheidung im Abweichungsverfahren.

 

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06.12.2024

Informationen

OVG Koblenz
Urteil/Beschluss vom 08.02.2024
Aktenzeichen: 1 C 10470/22

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