Dr. Mirjam Lang FAin f. VerwR

Keine eingriffsähnliche Vorwirkung der Landesklimaschutzgesetze

1. Die Grundrechte schützen davor, dass die durch das Klimaschutzgesetzgebot des Art. 20a GG und die grundrechtlichen Schutzpflichten gegen Klimawandelfolgen (Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) aufgegebene Treibhausgasminderungslast einseitig auf spätere Zeiträume verlagert wird, wenn dies in der Zukunft zu unverhältnismäßigen Belastungen durch dann erforderliche Klimaschutzmaßnahmen führt.


2. Eine eingriffsähnliche Vorwirkung von Grundrechten setzt voraus, dass der Gesetzgeber selbst einem grob erkennbaren Budget insgesamt noch zulassungsfähiger CO2-Emissionen unterliegt.


3. Zur Begründung der Rüge, künftige Freiheit werde unverhältnismäßig beschränkt, muss sich die Verfassungsbeschwerde grundsätzlich gegen die Regelung der Gesamtheit der gegenwärtig zugelassenen CO2-Emissionen und nicht bloß gegen punktuelles Tun oder Unterlassen des Staates richten.


4. Den einzelnen Landesgesetzgebern ist keine wenigstens grob überprüfbare Gesamtreduktionsgröße vorgegeben, die sie – auch auf Kosten grundrechtlich geschützter Freiheit – einzuhalten hätten. Ohne eine solche auf das jeweilige Land bezogene Gesamtreduktionsmaßgabe entfalten die dort bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zugelassenen oder tatsächlich erfolgenden Emissionen aber keine rechtlich vermittelte eingriffsähnliche Vorwirkung, weil damit nicht eine bestimmte Restmenge zulässiger CO2-Emissionen aufgebraucht wird.


5. Das Grundgesetz verpflichtet zwar insbesondere durch Art. 20a GG auch die Länder zum Klimaschutz. Maßgaben dafür, in welchen Ländern wann welche Emissionsreduktionen zu realisieren sind, enthält das Grundgesetz jedoch nicht. Im Bundesstaat sind unterschiedliche Regelungen zur Koordination der verfassungsrechtlich erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen denkbar. Dies muss nicht im Wege einer Lastenverteilung zwischen den Gliedstaaten geschehen, sondern könnte etwa auch durch eine sektorenbezogene Regelung geschehen, die keine Länderquoten enthielte.
 

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01.12.2022

Informationen

BVerfG
Urteil/Beschluss vom 18.01.2022
Aktenzeichen: 1 BvR 1565/21 u.a.

Fachlich verantwortlich

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