Dr. Mirjam Lang FAin f. VerwR

Planerische Abwägung, Ermittlungsdefizit, Berücksichtigung nicht vorgetragener Interessen

1. Auch wenn ein Plangebiet nur wenige Grundstücke umfasst, besteht keine Verpflichtung des Plangebers, die Eigentümer der betroffenen Grundstücke im Aufstellungsverfahren über die Anforderungen des § 3 BauGB hinaus – etwa über persönliche Anschreiben – weitergehend zu beteiligen. 

 


2. Im Hinblick auf ein geltend gemachtes Ermittlungsdefizit ist ein Abwägungsfehler nur dann zu bejahen, wenn der konkrete Belang und seine potenzielle Betroffenheit für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar gewesen ist. Was die planende Stelle nicht „sieht“ und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu „sehen“ braucht, kann von ihr bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden und braucht von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden. 

 


3. Unterlässt es ein Betroffener, seine Interessen im Zuge der Bürgerbeteiligung vorzutragen, dann sind diese nur abwägungsbeachtlich, wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste. Umfang und Tiefe der Abwägung korrespondieren dabei mit dem Detaillierungsgrad der geltend gemachten entgegenlaufenden (Eigentümer-)Belange. Der Plangeber ist gehalten, sich mit den vorgebrachten Einwänden in der erforderlichen Tiefe zu befassen. Demgegenüber ist aber nicht zu verlangen, dass er sich im Detail mit denkbaren, aber nicht artikulierten Belangen explizit befasst. 

 


4. Beteiligen sich Eigentümer einer seit vielen Jahren ungenutzten und verfallenden Immobilie im Plangebiet im Aufstellungsverfahren nicht, muss die Gemeinde ihr Erhaltungsinteresse nicht mit einem besonderen Gewicht in die planerische Abwägung einstellen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die getroffenen Neufestsetzungen eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung objektiv nicht nachhaltig erschweren. 

 

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30.04.2022

Informationen

OVG NRW
Urteil/Beschluss vom 26.03.2021
Aktenzeichen: Az. 2 D 65/19.NE

Fachlich verantwortlich

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