Prof. Roland Kesselring FA f. Bau- u. ArchitektenR

Bauprozessrecht - Widerklage auf Sicherheitsleistung - § 648a BGB a.F./§ 650f BGB n.F.

aa)    Stärkung der Rechtsposition von Bau-Auftragnehmern

 


1. Ein Teilurteil über eine Widerklage, mit der ein Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB a.F. geltend gemacht wird, ist nicht deshalb unzulässig, weil die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Bezug auf den Gegenstand der Klage besteht.

 


2. Zur Erreichung des Gesetzeszwecks ist wegen der Eilbedürftigkeit des Sicherungsanspruchs ein Ausnahmefall von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen, der es rechtfertigt, einen etwaigen Widerspruch zwischen Teilurteil und Endurteil hinzunehmen.

 

Der hier zugrundeliegende Sachverhalt ist in mehrfacher Hinsicht interessant: denn einerseits geht es um die Bemessung der Vergütung für Architektenleistungen im Anwendungsbereich der – inzwischen mit ihren preisrechtlich zwingenden Vorgaben abgeänderten – HOAI 2013; andererseits geht es in prozessualer Hinsicht um die Frage, ob dem Architekten (hier: Beklagter und Widerkläger im Rückforderungsprozess des Bauherrn) ein kurzfristig durchsetzbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648a BGB a.F./§ 650f BGB n.F. zusteht, selbst wenn die endgültige Höhe des vertraglichen Vergütungsanspruchs noch nicht feststeht. Anders gefragt: darf bzw. muss das Instanzgericht auf die Widerklage ein Teilurteil erlassen, selbst wenn aufgrund der erst später erfolgenden Sachaufklärung und Beweiserhebung zu Details die Gefahr sich inhaltlich widersprechender Entscheidungen besteht? Der BGH beantwortet diese Frage eindeutig mit „JA“, und das unter ausdrücklicher Abgrenzung zum Verbot eines Teilurteils bei der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.
Begründung: „(Es) ist für den werkvertraglichen Sicherungsanspruch nach § 648a BGB a.F. (jetzt: § 650f BGB) im Hinblick auf dessen gesetzlichen Zweck, dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv, das heißt insbesondere unabhängig von der gegebenenfalls langwierigen Aufklärung der tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs, eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 16/511 S. 1, 11 f., 17; BGH, Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 349/12 Rn. 27 ff., BGHZ 200, 274), eine Ausnahme von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen“ (Rdnr. 19). Der BGH stellt also maßgeblich auf den Zweck der gesetzlichen Sicherheit des § 648a BGB a.F. (jetzt: § 650f BGB) ab – eine deutliche Stärkung des jeweiligen Auftragnehmers!

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31.08.2021

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 20.05.2021
Aktenzeichen: VII ZR 14/20

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