Dr. Olaf Schermann FA f. ErbR
Die Einreichung der ersten Ausfertigung der Ausschlagungserklärung genügt den formellen Anforderungen des § 1945 Abs. 1 BGB, denn gemäß § 47 BeurkG vertritt die Ausfertigung der Niederschrift die Urschrift im Rechtsverkehr.
§ 1944 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach die Ausschlagungsfrist bei gewillkürter Erbfolge nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht beginnt, ist zwingend. Dies gilt auch, wenn feststeht, dass der Bedachte von der letztwilligen Verfügung früher Kenntnis erlangt hat.
Enthält ein gemeinschaftliches Ehegattentestament („Berliner Testament“) keine Ersatzerbenregelung und schlägt der testamentarische Alleinerbe die Erbschaft aus, führt die ergänzende Auslegung regelmäßig dazu, dass mit der bindenden Schlusserbeneinsetzung der Kinder zugleich die Einsetzung der Kinder als Ersatzerben für den ersten Erbfall gewollt ist.
Anmerkung für die Praxis:
Wer durch Verfügung von Todes wegen als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft nach § 1948 Abs. 1 BGB als eingesetzter Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen. Eine solche beschränkte Ausschlagung entfaltet aber nur dann ihre Wirkung, wenn der Ausschlagende tatsächlich als gesetzlicher Erbe berufen wäre. Dies ist nicht der Fall, wenn die ausgeschlagene Erbschaft an nachrückende Ersatzerben fällt oder Anwachsung eintritt (BayObLGZ 1977, 163; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 1948 Rn. 2). Auch beim gemeinschaftlichen Testament geht eine beschränkte Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten regelmäßig ins Leere, weil die Schlusserbeinsetzung der gemeinsamen Kinder zugleich die Einsetzung der Kinder als Ersatzerben für den ersten Erbfall beinhaltet (OLG Brandenburg, ZEV 2023, 308; OLG Stuttgart, BWNotZ 1979, 11; Staudinger/Raff, BGB, § 2269 Rn. 32; Keim, ZEV 2020, 393). Zur nachträglichen erbschaftsteuerlichen Optimierung ist die beschränkte Ausschlagung nach § 1948 Abs. 1 BGB deshalb allenfalls dann geeignet, wenn auch die als Ersatzerben nachrückenden Kinder und deren Abkömmlinge eine solche beschränkte Ausschlagung erklären (Keim, ZEV 2020, 393).
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