Dirk Both RiOLG

Wohnraummietrecht - Zum Umfang der Belegeinsicht bei Prüfung der Betriebskostenabrechnung

Haben Vermieter und Mieter im Mietvertrag vorgesehen, dass der Mieter die Betriebskosten tragen und hierauf Vorauszahlungen leisten soll, ist der Vermieter verpflichtet, über die Betriebskosten jährlich abzurechnen. Für das Wohnraummietverhältnis ergibt sich diese Verpflichtung des Vermieters aus § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB. Auch wenn diese Verpflichtung für das Gewerberaummietverhältnis gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, ist die Abrechnungspflicht auch für dieses allgemein anerkannt. Eine von dem Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB vorzunehmende Abrechnung dient dazu, die Betriebskosten des jeweiligen Abrechnungszeitraums zu erfassen, zusammenzustellen und unter Abzug der geleisteten Vorauszahlungen auf die einzelnen Mieter zu verteilen. Dazu muss sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 Abs. 1 BGB entsprechen, also eine aus sich heraus verständliche geordnete Zusammenstellung der zu den umzulegenden Betriebskosten getätigten Einnahmen und Ausgaben enthalten, um es dem Mieter zu ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen. Darüber hinaus bestimmt § 259 Abs. 1 BGB, dass Belege, soweit sie erteilt zu werden pflegen, vorzulegen sind. Dementsprechend gehört es auch zu einer vom Vermieter vorzunehmenden ordnungsgemäßen Abrechnung, dass er dem Mieter auf dessen Verlangen zusätzlich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen durch deren Vorlage ermöglicht, soweit dies zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen erforderlich ist (BGH, Urt. v. 07.02.2018, VIII ZR 189/17).

Von dem Einsichtsrecht umfasst ist auch die Einsichtnahme in Verträge des Vermieters mit Dritten, soweit deren Heranziehung zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung und zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen gegen diese gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB erforderlich ist (BGH, Urt. v. 03.07.2013, VIII ZR 322/12, NJW 2013, 3234; BGH, Beschl. V. 22.11.2011, VIII ZR 38/11, WuM 2012, 276). Dies wird in der Regel erforderlich sein, damit der Mieter weiß, welche Leistungen der Dritte gegenüber dem Vermieter geschuldet hatte und welche er tatsächlich auch erbracht und abgerechnet hat.

Da der Verpflichtung zur Gewehrung der Belegeinsicht sich nach den Umständen des Einzelfalles richtet, steht auch immer wieder die Frage im Raum, ob der Mieter auch einen Anspruch darauf hat, weitergehende Unterlagen einzusehen. Der BGH hat nunmehr Grenzen des Belegeinsichtsrecht aufgezeigt. Ein Mieter kann im Rahmen der bei einer Betriebskostenabrechnung geschuldeten Belegvorlage vom Vermieter dann nicht die Einsichtnahme in Unterlagen verlangen, die das Vertragsverhältnis zwischen einem vom Vermieter mit einer betriebskostenrelevanten Dienstleistung beauftragten Dritten und dem von diesem weiter beauftragten Subunternehmer betreffen, wenn der Vermieter mit dem Dritten eine Vergütung für dessen Tätigkeit vereinbart hat oder diese nach § 612 BGB als vereinbart gilt und der Vermieter die von dem Dritten in Rechnung gestellte Vergütung in der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt hat (BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 102/21, WuM 2021, 730; BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 114/21, juris). Der Mieter ist in der 

Regel auf diese Informationen für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung des Vermieters nicht angewiesen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vom Dritten zu erbringenden Leistungen im Vertrag ausgewiesen sind. Kennt der Mieter den Umfang der vom Vermieter zu zahlenden Vergütung und den Umfang der hiermit abgegoltenen Leistungen, kann er anhand der Rechnungen des Dritten gegenüber dem Vermieter die Betriebskostenabrechnung hinreichend nachvollziehen. Was der Dritte an seinen Subunternehmer zahlt, geht ihn nichts an. Auf derartige Informationen kommt es auch für die Überprüfung, ob der abgerechnete Betrag dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht, nicht an. Hierfür ist allein maßgeblich, welchen Betrag der Vermieter auf den Mieter für welche Leistungen umlegt. Für das Wirtschaftlichkeitsgebot ist allein bestimmend, ob der vom Vermieter auf den Mieter umgelegte Betrag demjenigen entspricht, was üblicherweise am Markt für diese Leistung in diesem Umfang zu zahlen ist. Darauf, ob der Dritte die Leistung bei seinem Subunternehmer günstiger eingekauft hat, kommt es für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht an (BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 102/21, WuM 2021, 730; BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 114/21, juris).

Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter eine Gesellschaft ist und ein anderes Unternehmen einer Unternehmensverknüpfung (Schwestergesellschaft) beauftragt hat, unabhängig davon, ob deren Vergütung eine Gewinnmarge enthält. Auch wenn es sich um eine Schwestergesellschaft handelt, kann sie – wie jeder andere Dritte auch – in ihre Vergütung einen Gewinn einkalkulieren. Auch dies hat mit der Frage der Wirtschaftlichkeit nichts zu tun, denn diese wird durch den Vergleich des vom Vermieter in die Abrechnung eingestellten Betrages und der am Markt üblicherweise für die Leistung aufzuwendenden Betrages bestimmt. Darauf, ob die Schwestergesellschaft die Leistung ohne Gewinnmarge auch hätte günstiger anbieten, können kommt es nicht an. Zudem darf auch der Vermieter selbst für von ihm selbst erbrachte Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Betriebskostenverordnung abrechnen, was er an ein beauftragtes Unternehmen hätte zahlen müssen, jedoch unter Abzug der Umsatzsteuer. Auch hierin ist ein kalkulierter Gewinn enthalten (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 102/21, WuM 2021, 730; BGH, Urt. v. 27.10.2021, VIII ZR 114/21, juris).

Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen lässt der BGH gleichwohl zu. Dem Mieter steht ein Einsichtsrecht in den Vertrag, den der von dem Vermieter beauftragte Dritte mit einem Subunternehmer geschlossen hat, sowie in die Abrechnungen des Subunternehmers aber dann zu, wenn zwischen dem Vermieter und dem von ihm beauftragten Dritten für die Erbringung der Dienstleistung nicht eine Vergütung vereinbart worden ist, sondern nur eine Erstattung der entstandenen Kosten. Im Falle der Vereinbarung einer reinen Kostenerstattung kann der Vermieter auch nur die dem Dritten tatsächlich entstandenen und dem Vermieter weiterbelasteten Kosten in die entsprechende Betriebskostenposition einstellen. Daher muss auch dem Mieter die Möglichkeit eröffnet werden, nachzuprüfen, ob Dasjenige, was der Dritte auf den Vermieter umlegt, dem Dritten auch tatsächlich entstanden ist 

 

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28.02.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 27.10.2021
Aktenzeichen: VIII ZR 102/21

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