Wohnungseigentumsrecht - Anwendung alten Rechts auf Beschlussersetzungsklagen

Eine noch vor dem 1.12.2020 erhobene Beschlussersetzungsklage bleibt zulässig, auch wenn § 21 Abs. 8 WEG a. F. mit dem WEMoG ersatzlos entfallen ist und § 48 Abs. 5 WEG insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Nach ganz überwiegender Meinung findet § 48 Abs. 5 WEG auch auf Beschlussersetzungsklagen Anwendung. Denn diese Vorschrift hätte schon nach der bisherigen Systematik des Gesetzes in den dritten Teil des Gesetzes aufgenommen werden müssen. Es entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, anhängige Beschlussersetzungsklagen mit Inkrafttreten des neuen Rechts unzulässig werden zu lassen. Vielmehr hat er bei der Fortgeltungsregelung des § 48 Abs. 5 WEG auch in anderer Hinsicht die Verzahnung von materiellem und formellem Recht übersehen. Folglich sind die übrigen Wohnungseigentümer auch für die Beschlussersetzungsklage weiterhin passivlegitimiert. Auch materiell-rechtlich sind die Maßstäbe des alten Rechtes für die Beschlussersetzung maßgeblich. Damit besteht ein Individualanspruch auf Abberufung des Verwalters nur, wenn ihr Unterbleiben aus objektiver Sicht unvertretbar erscheint (BGH v. 10.2.2012-V ZR 105/11; ZMR 2012, 565). Hierfür reicht es allerdings aus, wenn allein die Abberufung dem Interesse der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, hier insbesondere der Beurteilung der Frage, inwieweit die Beschlussfassung nach Häuserkomplexen eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt.

 

 

 

 

Offen bleibt die wichtige Frage, wie nach neuem Recht nach dem Wegfall von § 21 Abs. 8 WEG a.F. zu verfahren ist, wenn zwar Anspruch auf einen Beschluss besteht, für das „Wie“ jedoch ein Ermessensspielraum besteht. In der Frage, wann die Entscheidung, den Verwalter im Amt zu belassen, unvertretbar ist, schwächt der BGH seine hohen Anforderungen spürbar ab. Die jetzige Definition der Unvertretbarkeit fordert nicht viel mehr als, dass der diesbezügliche Negativbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. In einem obiter dictum erwähnt der BGH noch beiläufig, dass selbst Vereinbarungen in alten Verwalterverträgen, die die sofortige Abberufbarkeit gemäß § 26 Abs. 3 WEG beschränken, unwirksam geworden sind. 

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31.10.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 25.02.2022
Aktenzeichen: V ZR 65/21

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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