Wohnungseigentumsrecht - Bestellung des ersten Verwalters durch einseitige Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung

Es besteht ein praktisches Bedürfnis für die Bestellung des (ersten) Verwalters in der Gemeinschaftsordnung, da ab Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft Maßnahmen der Verwaltung anfallen. Die Berechtigung des teilenden Eigentümers, auch nach Entstehung der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft einen Verwalter zu bestellen, scheidet aber wegen § 26 Abs. 1 S. 5 WEG a. F. aus. Denn danach sind Beschränkungen in der Möglichkeit der Bestellung des Verwalters durch die Wohnungseigentümer ausgeschlossen.

Dass der BGH im Hinblick auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein praktisches Bedürfnis für die Bestellung des ersten Verwalters in der Gemeinschaftsordnung anerkennt, entspricht ganz h. M. Ohne diese Möglichkeit stünden die Mitglieder der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft nämlich vor der Schwierigkeit, dass niemand zu einer Eigentümerversammlung einberufen könnte, die Beschlüsse fassen und somit den ersten Verwalter bestellen könnte: Verwalter und Verwaltungsbeirat sind ja noch nicht bestellt. Einziger Ausweg neben der in größeren Gemeinschaften nur theoretischen Möglichkeit einer Vollversammlung wäre die Ermächtigung eines Wohnungseigentümers zur Einberufung einer Eigentümerversammlung durch das Gericht analog § 37 Abs. 2 BGB gewesen. Mithin hätten die Wohnungseigentümer die Verwaltung ihres gemeinschaftlichen Eigentums mit einem Prozess beginnen müssen. Diese Aporie wird indessen durch das neue Recht beseitigt. Denn nunmehr finden nach § 9a Abs. 1 S. 2 WEG mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher im Innenverhältnis die Vorschriften des WEG Anwendung, auch wenn der teilende Eigentümer noch einziger Wohnungseigentümer ist. Nunmehr kann also der teilende Eigentümer, solange er Eigentümer aller Einheiten ist, ohne weiteres eine Vollversammlung durchführen. Mithin kann er auch einen Verwalter bestellen. Das praktische Bedürfnis, den Verwalter entgegen § 26 Abs. 1 WEG nicht durch Beschluss, sondern in der Gemeinschaftsordnung zu bestellen, ist somit entfallen (so zu Recht etwa Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020 Rn. 459 f., ähnlich Wicke, ZWE 2021, 21, 23).

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31.10.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 11.03.2022
Aktenzeichen: V ZR 77/21

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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