Wohnungseigentumsrecht - I. Der ursprüngliche Rechtszustand

1. Der Rechtszustand vor dem WEMoG

Die Eigentümerversammlung war nach der ursprünglichen gesetzlichen Konzeption eine reine Präsenzveranstaltung. Ursprünglich sah das Gesetz als einzige Ausnahme die schriftliche Beschlussfassung gemäß § 23 Abs. 3 WEG vor, die allerdings die Zustimmung aller Wohnungseigentümer sowohl zu dieser Art der Beschlussfassung als auch auch zur Beschlussvorage voraussetzte. Als richterrechtlich entwickelte Möglichkeit trat noch die Vollversammlung hinzu, die ebenfalls den Verzicht aller Wohnungseigentümer auf Frist und Form der Einberufung ermöglichte, aber im Unterschied zur schriftlichen Beschlusfassung keine Zustimmung aller Wohnungseigehtümer zur Beschlussvorlage erforderte,

 

2. Die Neuerungen durch das WEMoG

a) Umlaufbeschlüsse (§ 23 Abs. 3 WEG)

Erst das WEMoG erweiterte die Möglichkeiten der Beschlussfassung ohne physische Präsenz aller Wohnungseigentümer. Eher zaghaft geschah dies im Hinblick auf Umlaufbeschlüsse, soweit die Schriftform in § 23 Abs. 3 S. 1 WEG durch Textform ersetzt wurde. Denn es bedarf gleichwohl noch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, nur eben in Textform. Weiter ging § 23 Abs. 3 S: 2 WEG, wonach die Wohnungseigentümer für das Umlaufverfahren beschließen können, „dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.“ Damit können diejenigen Fälle gelöst werden, in denen ein Beschlussgegenstand zwar auf der Eigentümerversammlung behandelt, aber noch nicht anfechtungssicher zur Beschlussfassung gebracht werden konnte.[1] In diesem Fall können sich die Wohnungseigentümer eine erneute Versammlung ersparen, indem sie beschließen, über diesen Gegenstand im Umlaufverfahren mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu befinden.

 

b) Online-Teilnahme an Eigentümerversammlungen

Weiter ging aufgrund der Kontaktbeschränkungen in der Corona-Krise § 23 Abs. 1 S. 2 WEG, der es erstmals ermöglichte, ohne physische Präsenz an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen. Dies wurde allerdings nicht nicht kraft Gesetzes zulässig, sondern musste durch einen Beschluss genehmigt sein. Dieser musste zudem nicht die Wahrnehmung aller mitgliedschaftlichen Rechte ermöglichen, sondern konnte sich auf einzelne Rechte, etwa die Teilnahme an der Beratung beschränken. Vor allem aber ermächtigt § 23 Abs. 1 S. 2 WEG die Eigentümermehrheit nicht, die zwangsweise Durchführung der Eigentümerversammlung als Online-Veranstaltung zu beschließen, was schon aus dem Wortlaut hervorgeht, wonach beschlossen werden kann, „dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen (…) können“ (nicht müssen), aber auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt wird: „Das Recht jedes Miteigentümers, physisch an der Versammlung teilzunehmen, steht damit nicht zur Disposition der Mehrheit.“[2]

 

 

[1] BT-Drucks. 19/22634, S. 45.

[2] BT-Drucks. 19/18791, S. 69.

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04.12.2023

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Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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