Wohnungseigentumsrecht - Streitgegenstand und Fristen von Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage

Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe stellen keine unterschiedlichen Streitgegenstände dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine Beschlussanfechtung immer auch auf die Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses gerichtet, woran das WEMoG nichts ändern wollte (BT-Drucks. 19 /18791, S. 82). Aus dem Wegfall von § 48 Abs. 4 WEG a. F. folgt nichts anderes, da die Vorschrift nur klarstellende Funktion hatte. Der Ausschluss einer Nichtigkeitsklage nach erfolgloser Anfechtungsklage ergibt sich bereits aus der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes beider Klagen.

 

Eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig. da sie nicht gegen eine unrichtig bezeichnete, sondern gegen die falsche Partei gerichtet ist. Denn für Beschlussklagen nach § 44 Abs. 2 S. 1 WEG ist seit dem 1.12.2020 ohne Übergangsfristen alleine die GdWE passivlegitimiert. Eine Rubrumsberichtigung käme nur in Betracht, wenn aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift der Wille, die GdWE zu verklagen, zweifelsfrei hervorträte. Hierfür genügt die Nennung des Verwalters nicht, erst recht nicht, wenn er wie im vorliegenden Fall als "Zustellungsbevollmächtigter" bezeichnet wird. Denn dies nimmt auf seiner Eigenschaft als Vertreter der Wohnungseigentümer gemäß  §  45 WEG a. F. Bezug. In der Konsequenz wahrt eine gegen die Wohnungseigentümer gerichtete Klage auch die Anfechtungsfrist des § 45 S. 1 WEG nicht. Die abweichende Auffassung des BGH zum alten Recht ist nicht fortzuführen, da sie darauf beruhte, dass der Verwalter die GdWE und die Wohnungseigentümer vertritt. Letzteres ist nach neuem Recht gerade nicht mehr der Fall.

Praxistipp:

Unklar bleibt, wieso eine gegen den Falschen gerichtete Anfechtungsklage unzulässig sein soll. Die fehlende Passivlegitimation führt üblicherweise dazu, dass eine Klage unbegründet ist. Der Verweis auf § 48 Abs. 4 WEG a. F. zeigt, dass weiterhin mit "Scheinanfechtungen" gerechnet werden muss. Dem Versuch, nichtigen Beschlüsse auf diesem Wege Wirksamkeit zu verleihen, kann indessen durch streitgenössische Nebenintervention gemäß § 69 ZPO begegnet werden.

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13.07.2023

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 13.01.2023
Aktenzeichen: V ZR 43/22

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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