Wohnungseigentumsrecht - Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf den Verwalter

Die Delegation der Entscheidung über Erhaltungsmaßnahmen bis zu einem Auftragswert von 4000 € im Einzelfall, begrenzt auf ein Gesamtvolumen von 8000 € ohne Beschluss der Eigentümerversammlung entspricht ebenso ordnungsmäßiger Verwaltung wie die Einschaltung sachkundiger Dritte (Architekten, Ingenieure, Gutachter) bis zu einem Auftragswert von 3000 € im Einzelfall, begrenzt auf ein Gesamtvolumen von 6000 € bei größeren Erhaltungsmaßnahmen. Ebenso begegnet eine Sondervergütung von 700 € für jede weitere Eigentümerversammlung über die ordentliche Jahresversammlung hinaus keinen Bedenken. Zwar ist die Verlagerung der Kompetenzen von der Eigentümerversammlung auf den Verwalter nach altem Recht nur in engen Grenzen durch Beschluss möglich. Aus dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer folgt aber die Befugnis, die Entscheidung über Erhaltungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung zu vereinfachen und durch Beschluss dem Verwalter zu übertragen, wenn dies nur zu einem begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko für den einzelnen Wohnungseigentümer führt. Dies ist mit einer Wertobergrenze für die einzelne Maßnahme und einer Jahresgesamtobergrenze gewahrt. Auch die Sondervergütung für weitere Eigentümerversammlungen ist im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG a. F. unbedenklich. Denn gerade in einer größeren Gemeinschaft ist der Mehraufwand für eine weitere Eigentümerversammlung höher, so dass eine Vergütung von 700 € noch vom Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt ist. Ob diese Gestaltung des Verwaltervertrages gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt, ist im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG a. F. nicht zu prüfen (BGH, Versäumnisurteil v. 5.7.2019-V ZR 278/17; ZWE 2020, 83=ZMR 2020, 206).

 

Die hier nochmals ausführlich dargelegten Grenzen der Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf den Verwalter sind mittlerweile obsolet. Nach neuem Recht (§ 27 Abs. 2 WEG) können die Wohnungseigentümer die Rechte und Pflichten des Verwalters ohne weiteres durch Beschluss einschränken, aber auch erweitern. Für das Vorgehen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen Klauseln, die mit den §§ 305 ff. BGB nicht vereinbar sind, bietet das neue Recht eine erhebliche Erleichterung. Denn diese wird bei Streitigkeiten mit dem Verwalter gemäß § 9b Abs. 2 WEG nunmehr vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates oder von einem durch Beschluss hierzu ermächtigten Wohnungseigentümer vertreten. Diese kraft Gesetzes Bevollmächtigten können somit eine Prüfung des Vertrages nach den Kriterien der §§ 305 ff. BGB vornehmen und Überzahlungen zurückfordern.

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31.12.2021

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 11.06.2021
Aktenzeichen: V ZR 215/20

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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