Prof. Dr. Patrick Gödicke RiOLG, Frankfurt a.M./Karlsruhe

Dokumentation und DS-GVO - a) mit Herausgabe der Behandlungsunterlagen Datenauskunft erteilt?

Der Fall:

Die Klägerin rutschte im April 2019 aus und knickte mit ihrem rechten Fuß um. Sie wurde daraufhin in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus untersucht. Auf zwei dort gefertigten Röntgenaufnahmen war eine mehrfache Fraktur zu erkennen, was im Röntgenbefundbericht auch dokumentiert, der Klägerin indes nicht mitgeteilt wurde. Im Arztbrief hieß es vielmehr „Ausschluss Fraktur“. Nachdem ein niedergelassener Arzt die Fraktur feststellte, verheilte der Bruch ohne Notwendigkeit eines operativen Eingriffs, die Klägerin behauptet jedoch, sie leide noch unter Schmerzen im rechten Sprunggelenk und es sei zu befürchten, dass es zu einer dauerhaften Instabilität des rechten Fußes kommen könne.

 

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, ihr vollständige Datenauskunft gem. Art. 15 Abs. 3

DS-GVO i.V.m. Art. 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO zu sämtlichen ihrer bei der Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten durch Überlassung einer Kopie derselben zu erteilen, soweit diese im vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahren noch nicht vorgelegt worden seien, insbesondere auch jener Daten, die die Beklagte an Dritte (z.B. ihre Haftpflichtversicherung oder ihre Prozessvertreter im selbständigen Beweisverfahren) weitergeleitet habe, und die sie außerhalb ihrer Behandlungsdokumentation speichere (z.B. in Dateisystemen der Krankenhausverwaltung). Darüber hinaus verlangt die Klägerin gestützt auf Art. 82 Abs. 1 DS-GVO die Zahlung von Schmerzensgeld.

 

 

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Landgericht gab der Klage statt.

Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der begehrten Auskunft in dem beantragten Umfang folge aus Art. 15 DS-GVO und sei durch Herausgabe der Behandlungsunterlagen nicht vollständig erfüllt; diese nach § 630 g BGB zu beurteilenden Unterlagen stellten nur einen Teil der Daten dar, über die die Klägerin eine Auskunft verlangen kann. Der Anspruch sei auch nicht durch Erfüllung erloschen. „Soweit die Beklagte vorbringe, sowohl die Übersendung der Behandlungsdokumentation als auch die Abgabe der Datenauskunft seien unstreitig erfolgt, sei dies gerade nicht unstreitig. Die Beklagte habe vielmehr gar nicht nachvollziehbar dargelegt, welche Auskunft sie der Klägerin bezüglich der unter Art. 15 Abs. 1 lit. a-h zu subsumierenden Daten wann auf welche Weise erteilt haben wolle. Soweit die Beklagte schließlich der Auffassung sei, für den Antrag bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, sei dies nicht nachvollziehbar: „Gemäß Art. 15 DS-GVO kann die Klägerin als Betroffene Auskunft verlangen. Die Beklagte erteilt die Auskunft nicht. Mithin hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der klageweisen Durchsetzung.“

 

Die Klage sei demgegenüber unbegründet, soweit die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes wegen der Nichterteilung der Datenauskunft geltend mache: „Nach Art. 82 Abs. 1 DSG-VO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise der im Jahr 2008 geborenen, also heute 14jährigen Klägerin durch die Vorenthaltung der Datenauskunft ein immaterieller Schaden entstanden sein könnte, der durch ein Schmerzensgeld sanktionierbar wäre. Jeglicher nachvollziehbarer Vortrag dazu fehlt.“

 

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13.07.2023

Informationen

LG Köln
Urteil/Beschluss vom 22.06.2022
Aktenzeichen: 25 O 9/22

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