Wohnungseigentumsrecht - Keine Pflicht zur Nachfrage wegen der Zustellung binnen Sechsmonatsfrist

Zahlt der Anfechtungskläger den Gerichtskostenvorschuss rechtzeitig ein und geht die verspätete Zustellung ausschließlich auf Versäumnisse des Gerichtes zurück, muss der Kläger hierfür nicht einstehen. Insbesondere trifft ihn keine Pflicht zur Nachfrage nach dem Stand des Verfahrens, auch nicht analog § 204 Abs. 2 BGB binnen sechs Monaten. Der Anfechtungskläger darf auf eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Amtspflichten durch das Gericht vertrauen. In der Sache durfte der angegriffene Beschluss auch nicht ohne weiteren Hinweis auf die nach Auffassung des Gerichtes ungenügende Sachverhaltsaufklärung für ungültig erklärt werden. Denn bei einer Abweichung von der Vorinstanz in entscheidungserheblichen Punkten darf die erstinstanzlich siegreiche Partei darauf vertrauen, einen Hinweis des Berufungsgerichtes zu erhalten. Anderenfalls trifft es eine prozessual unzulässige Überraschungsentscheidung.

Praxistipp
Die Entscheidung gilt auch für das neue Recht, da Klage- und Begründungsfrist in § 44 WEG übernommen wurden. In der Sache schränkt der BGH die gerade in Entscheidungen des LG Frankfurt/M. häufig gerügte ungenügende Sachverhaltsermittlung als Anfechtungsgrund ein. Wenn nach Einholung eines Sachverständigengutachtens weitergehende Erkenntnisse eine Abweichung hiervon rechtfertigen, bedarf es nicht der erneuten Begutachtung. Die Wohnungseigentümer dürfen sich auf eine solche sachverständige Stellungnahme verlassen, die auf einer neuen gründlichen Untersuchung beruht.

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01.12.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 07.04.2022
Aktenzeichen: V ZR 165/21

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

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