Wohnungseigentumsrecht - Keine Prozessführungsbefugnis einzelner Wohnungseigentümer wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums

 

Der einzelne Wohnungseigentümer kann nicht mehr gegen unerwünschte Nutzungen und bauliche Veränderungen anderer Einheiten vorgehen. Für einen Anspruch aus § 1004 BGB wegen der behaupteten Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums fehlt ihm die Prozessführungsbefugnis. Diese Rechte übt ab dem 1.12.2020 gemäß § 9a Abs. 2 WEG ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft aus. In Altverfahren bleibt die Prozessführungsbefugnis zwar so lange bestehen, bis dem Gericht eine gegenteilige schriftliche Erklärung des vertretungsberechtigten Organs zur Kenntnis gebracht wird. Dies ist hier mit Schreiben vom 13.8.2021 geschehen. Diese Möglichkeit hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft auch nicht verwirkt, da ein Wohnungseigentümer schon nach altem Recht damit rechnen musste, dass seine Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche vergemeinschaftet werden.

Der einzelne Wohnungseigentümer kann zwar Störungen seines Sondereigentums selbst abwehren. Der Vortrag zu möglichen Auswirkungen baulicher Maßnahmen auf die Statik des Gebäudes genügt in diesem Zusammenhang allerdings nicht. Die Statik ist zwar auch für alle Sondereigentumseinheiten von entscheidender Bedeutung. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Störungsquelle im gemeinschaftlichen Eigentum befindet und ein koordiniertes Vorgehen der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich ist. Hingegen besteht für Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG eine Prozessführungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers. Eine nach dieser Vorschrift relevante Störung des Sondereigentums liegt aber (ebenso wie bei einem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB) nur vor, wenn sie sich auf den räumlichen Bereich des Sondereigentums bezieht. Entsprechendes gilt für die Unterlassung unzulässiger Nutzungen. Der einzelne Wohnungseigentümer kann nur ein Einschreiten der Gemeinschaft unter den Voraussetzungen von § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG verlangen.

 

Die Ausführungen zur Abwehr von Störungen folgt bekannten Wegen. Bedeutsamer sind die Konkretisierungen zur Prozessführungsbefugnis bei der Abwehr von Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Demnach genügen Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums, die sich nur mittelbar auf das Sondereigentum auswirken, grundsätzlich nicht. Es bedarf einer unmittelbaren Störung im räumlichen Bereich des Sondereigentums.

Mehr aus diesem Rechtsgebiet lesen

31.10.2022

Informationen

BGH
Urteil/Beschluss vom 28.01.2022
Aktenzeichen: V ZR 86/21

Fachlich verantwortlich

Dr. Dr. Andrik Abramenko RiLG

Seminare im Fokus

Unten finden Sie eine Auswahl von Fortbildungen zum Rechtsgebiet Miet- und Wohnungseigentumsrecht. 

Alle Onlineseminare zu Miet- und Wohnungseigentumsrecht finden Sie hier

ARBER-Info

Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung

FAQ

Fragen und Antworten